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Die Erforschung von Erklarungs- und Beschreibungsrahmen fur mathematische Lernprozesse ist ein aktueller Gegenstand fachdidaktischen Interesses. Florian Schacht legt einen erkenntnistheoretischen Rahmen vor, der die Theorie des Inferentialismus des Philosophen Robert B. Brandom nutzt, um in einer empirischen Studie individuelle Begriffsbildungsprozesse zu rekonstruieren. Er liefert wichtige Hinweise fur das Muster- und Variablenverstandnis von Schulerinnen und Schulern der fruhen Sekundarstufe. Daruber hinaus macht er wesentliche Aspekte des philosophischen Theorierahmens fur die Mathematikdidaktik nutzbar, um sowohl eine neue theoretische Fundierung als auch ein forschungspraktisches Analyseinstrument fur individuelle Begriffsbildungsprozesse zu entwickeln. Ausgangspunkt und Zielperspektive sind dabei die theoretische Betrachtung und die empirische Rekonstruktion von Festlegungen, die als kleinste Einheiten des Denkens und Handelns im Mittelpunkt der Erforschung von individuellen Begriffsbildungsprozessen stehen.
Das Verallgemeinern mathematischer Muster ist eine grundlegende Tatigkeit des Mathematikunterrichts und zugleich ein zentraler Zugang zur Algebra. Dies nutzt Kathrin Akinwunmi, um sich mit der propadeutischen Entwicklung von Variablenkonzepten in der Grundschule zu beschaftigen. Sie geht der Frage nach, wie GrundschulerInnen Muster verallgemeinern und wie sich dabei Variablenkonzepte entwickeln. In einer Interviewstudie mit 30 ViertklasslerInnen untersucht die Autorin die Verallgemeinerungsprozesse der Lernenden aus epistemologischer Perspektive. In der Datenanalyse rekonstruiert sie Begriffsbildungsprozesse zu Variablenkonzepten und arbeitet sprachliche Mittel heraus, welche die Lernenden bei Verallgemeinerungen mathematischer Muster nutzen.
Seit einigen Jahren wird gefordert, den Mathematikunterricht auf individuelle Kompetenzen und Defizite der Schulerinnen und Schuler auszurichten. Um diese Forderung in der Unterrichtsrealitat umzusetzen, muss sie fach- und inhaltsbezogen konkretisiert werden. Julia Vomeier greift das Konzept der sogenannten Standortbestimmungen auf und untersucht, wie die durch schriftliche Standortbestimmungen gewonnenen Erkenntnisse uber die individuellen Lernstande sowohl von den Lehrern als auch von den Schulern im Unterricht und fur den weiteren Lernprozess genutzt werden konnen. Auf der Grundlage einer Untersuchung mit 600 Schulerinnen und Schulern aus den Schuljahren 2 bis 4 sowie deren Lehrkraften zeigt sie, dass die Potenziale der Standortbestimmungen zwar erkannt, aber nicht immer ausgeschopft wurden.
Leseförderung wird in allen Unterrichtsfächern von Lehrkräften erwartet. Vor diesem Hintergrund präsentiert Jennifer Dröse ein theoretisch fundiertes und empirisch erprobtes Lehr-Lern-Arrangement zur Förderung von mathematikspezifischem Leseverständnis. Sie untersucht fachspezifische Lese- und Verstehensstrategien sowie syntaktische Sprachbewusstheit für beziehungstragende Strukturen, die bisher selten als Lerngegenstand im Mathematikunterricht thematisiert wurden. Durch die Rekonstruktion der individuellen gegenstandsspezifischen Lernwege zeigt die Autorin die situative Wirkung des Lehr-Lern-Arrangements auf. Dieses hat sich auch im Klassenunterricht als wirksam erwiesen.
Alexandra Thiel-Schneider analysiert Lernprozesse zur Vorstellungsentwicklung zum Begriff des exponentiellen Wachstums in der Sekundarstufe I. Im Zentrum steht die Frage, wie ein geeignetes Lehr-Lernarrangement aufgebaut sein sollte, um tragfähige Begriffsbildungsprozesse zu initiieren. Entstanden ist zum einen ein tiefgehendes Verständnis der stattfindenden Lernprozesse und deren inhaltlicher Strukturierung, wobei der Prozentstreifen als Anschauungsmittel eine zentrale Rolle spielt. Zum anderen zeigt sich ein klares Bild, das den Zusammenhang zwischen der Art des Wachstumsfaktors und des Änderungsverhaltens beschreibt und dabei potentielle Hürden sowie förderliche Prozesse identifiziert.
Birte Pöhler (verh. Friedrich) präsentiert ein theoretisch fundiertes und empirisch erprobtes fach- und sprachintegriertes Lehr-Lern-Arrangement zur alltagsrelevanten Thematik der Prozente, das der Förderung insbesondere von sprachlich schwachen Lernenden dient und sich auch für den Erstzugang im Unterricht zweier Klassen als wirksam erwiesen hat. Das Konzept zeichnet sich dadurch aus, dass ein fachlicher und ein sprachlicher Lernpfad strukturiert und mithilfe eines graphischen Darstellungsmittels systematisch verknüpft werden. Die Autorin illustriert die damit initiierbaren individuellen Lernwege und rekonstruiert detailliert, inwiefern Lernende schriftlich oder mündlich angebotene Sprachmittel tatsächlich aufnehmen oder eigene finden, um die mathematischen Zusammenhänge auszudrücken.
Annabell Gutscher beschäftigt sich mit der Förderung des Erwerbs fachlicher und fachdidaktischer Kompetenzen sowie diagnostischer Fähigkeiten in der Lehrerbildung. Dazu entwickelt sie für die Erstsemester-Veranstaltung ,Arithmetik und ihre Didaktik' Kompetenzlisten und Lernhinweise als (Selbst-)Diagnose- und Förderinstrumente. In der empirischen Untersuchung fokussiert sie auf das Nutzungsverhalten der Studierenden sowie deren Akzeptanz der Kompetenzlisten und Lernhinweise und zeigt, wie diese Instrumente gestaltet und eingesetzt werden können, um Studierende in ihren Lernprozessen zu unterstützen.
Die wissenschaftliche Kenntnislage zur Entwicklung mathematischer Kompetenzen bei blinden Kindern ist lückenhaft, heterogen und teilweise widersprüchlich. Auch für sehende Kinder wurden psychologische Forschungsergebnisse bisher nur teilweise aus didaktischer Perspektive ausgewertet. Juliane Leuders bietet einen umfassenden Überblick über den deutschen und englischsprachigen Forschungsstand zu den Grundlagen des Arithmetiklernens von sehenden und blinden Vorschulkindern und Schulanfängern. Sie thematisiert neuro- und wahrnehmungspsychologische Grundlagen des Hörens und Tastens und erörtert kognitive Prozesse und die Entwicklung des zahlbezogenen Denkens. Im didaktischen Teil beschreibt sie den Kompetenzerwerb im inklusiven Unterricht, die Qualität von Veranschaulichungen und erarbeitet konkrete Vorschläge für die Adaption von Unterrichtsmaterialien.
Michael Link stellt Ansätze der Entwicklungsforschung vor, welche aufzeigen, wie sich fachdidaktische Forschung mit der Weiterentwicklung von Unterrichtspraxis verbinden lässt. Sein Entwicklungsforschungsprojekt zur Förderung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit führt er am Beispiel des Beschreibens von Zahlenmustern in operativ strukturierten Übungen im Mathematikunterricht der Grundschule durch. Dabei wird der zyklische Prozess der Entwicklung von Unterrichtsaktivitäten, ihre Erprobung in Interviews und im Unterricht, der Analyse dieser Erprobungen sowie der darauf aufbauenden Überarbeitung der Unterrichtsaktivitäten exemplarisch umgesetzt und dokumentiert.
Frauke Link analysiert Lehrer-Schüler-Dialoge zu problemhaltigen Aufgaben der Mathematik im Hinblick auf die Verwendung und die entstehende Bedeutung strategischer prozessbegleitender Lehrinterventionen. Sie zeigt, dass sich trotz der Komplexität der Dialoge sprachlich ähnliche Konstrukte aufgabenübergreifend finden lassen, die gesprächs- und lernförderlich scheinen.
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