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Mein Lied besingt den Held, den Degen, Muth und SchlachtIn Jena fürchterlich, in Leipzig frech gemacht.Der, wenn man ihn erzürnt, ein ganzes Heer bekriegte,Und wenn er focht, auch schlug, und wenn er schlug, auch siegte.Ich singe, wie er hat so manchen Feind bekämpft;Wie sein berühmter Stal des Stutzers Stolz gedämpft,Den er, als er ihn sah, erst höhnte, dann bestritte,Und da er ihn bezwang, voll Furcht aus Leipzig ritte.Wirf einen Blick auf mich, du Geist der Schlägerey,Damit mein Heldenlied des Helden würdig sey:So wird die Nachwelt noch aus diesen Blättern lesen:Wie schön sein letzter Sieg, wer Raufbold einst gewesen.Da, wo die Pleiße sich mit krummen Fluthen schlingt,Und durch das ebne Feld und grüne Flächen dringt,...
In dem geräumigen, mit behaglicher Eleganz eingerichteten Wohnzimmer war Frau Clara König damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen zum Empfang ihrer Gäste zu treffen.Denn heute war Musikabend, zu welchem sich einmal in der Woche die engeren Freunde des Hauses versammelten, soweit sie musikalisch waren. Diesmal aber hatte man noch einige Familien dazu gebeten, damit sich alle von der erfolgreichen Tätigkeit der »Künstler« überzeugen sollten.Hier rückte die Hausfrau einen Stuhl zurecht, dort strich sie glättend über ein gesticktes Deckchen, welche sie in allen Farben und Geschmacksrichtungen selbst gefertigt. Sie prüfte die Lampen auf ihre Lebensfähigkeit, klappte Klavier und Harmonium auf und warf schließlich einen liebevoll sorgenden Blick nach den gefüllten Blumenvasen, ob sie auch ihren duftenden Inhalt von der vorteilhaftesten Seite zeigten. Denn darauf hielt sie sehr, nie fehlte auf dem Kamin und dem Erkersims ein Sträußchen oder frisches Grün, selbst nicht zur kalten Winterszeit.
Der Nebel steigt, es fällt das Laub; Schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden! Und geht es draußen noch so toll, Unchristlich oder christlich, Ist doch die Welt, die schöne Welt, So gänzlich unverwüstlich! Und wimmert auch einmal das Herz Stoß an und laß es klingen! Wir wissen's doch, ein rechtes Herz Ist gar nicht umzubringen. Der Nebel steigt, es fällt das Laub; Schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden! Wohl ist es Herbst; doch warte nur, Doch warte nur ein Weilchen! Der Frühling kommt, der Himmel lacht, Es steht die Welt in Veilchen. Die blauen Tage brechen an, Und ehe sie verfließen, Wir wollen sie, mein wackrer Freund, Genießen, ja genießen!
Wie beschwingte Silberglöckchen,Läuten aus den Feier(abend),Schon bereit, ihr süß Gebot,Ruhend, selber zu erfüllen.Alles folgt dem leisen Rufe,Alle Augen fallen zu;Zu den Hürden zieht die Herde,Und die Blume senkt in Ruh'Schlummerschwer das Haupt zur Erde. Ferneher vom düstern OstenSteigt empor die stille Nacht;Ausgelöscht des Tages Kerzen,Breitet sie den dunkeln VorhangUm die Häupter ihrer LiebenUnd summt säuselnd sie in Schlaf. Alles ruht, nur er alleinStreift noch durch den stillen Hain,Um in Berges dunkeln Schlünden,
Gestern war ich glücklich, über alle Maßen glücklich, wie man glücklicher gar nicht sein kann! So haben Sie Eigensinnige doch wenigstens einmal im Leben auf mich gehört! Als ich am Abend, so gegen acht Uhr, erwachte (Sie wissen doch, meine Liebe, daß ich mich nach dem Dienst ein bis zwei Stündchen etwas auszustrecken liebe), da holte ich mir meine Kerze ¿ und wie ich nun gerade mein Papier zurechtgelegt habe und nur noch meine Feder spitze, schaue ich plötzlich ganz unversehens auf ¿ da: wirklich, mein Herz begann zu hüpfen! So haben Sie doch erraten, was ich wollte! Ein Eckchen des Vorhanges an Ihrem Fenster war zurückgeschlagen und an einem Blumentopf mit Balsaminen angesteckt, genau so, wie ich es Ihnen damals anzudeuten versuchte. Dabei schien es mir noch, daß auch Ihr liebes Gesichtchen am Fenster flüchtig auftauchte, daß auch Sie aus Ihrem Zimmerchen nach mir ausschauten, daß Sie gleichfalls an mich dachten! Und wie es mich verdroß, mein Täubchen, daß ich Ihr liebes, reizendes Gesichtchen nicht deutlich sehen konnte! Es hat einmal eine Zeit gegeben, wo auch wir mit klaren Augen sahen, mein Kind. Das Alter ist keine Freude, meine Liebe. Auch jetzt ist es wieder so, als flimmerte mir alles vor den Augen. Arbeitet man abends noch ein bißchen, schreibt man noch etwas, so sind die Augen am nächsten Morgen gleich rot und tränen so, daß man sich vor fremden Leuten fast schämen muß. Aber doch sah ich im Geiste gleich Ihr Lächeln, mein Kind, Ihr gutes, freundliches Lächeln, und in meinem Herzen hatte ich ganz dieselbe Empfindung, wie damals, als ich Sie einmal küßte, Warinka ¿ erinnern Sie sich noch, Engelchen? Wissen Sie, mein Täubchen, es schien mir sogar, als ob Sie mir mit dem Finger drohten. War es so, Sie Unart? Das müssen Sie mir unbedingt ausführlich erzählen, wenn Sie mir wieder einmal schreiben.
JAKOB schläft in einem Lehnstuhle. Das Nachtlicht brennt noch.HOFRATH tritt ein. Er sieht sich um, geht nach der Seite, bleibt vor der Thür unentschlossen stehen, kehrt zurück, will wieder gehen, sinnt nach, geht darauf zu Jakob, dem er auf die Schulter klopft. Jakob! Jakob! hört Er nicht? he!JAKOB springt auf. Ihr GnadenHOFRATH. Sei Er so gut undJAKOB halb wach. Wollen Sie zu Bett gehen? Den Augenblick Greift nach dem Nachtlichte.HOFRATH. Es ist ja heller Tag, mein Freund!JAKOB. So? Ist es schon. Hm Sieht den Hofrath an. Ja so!HOFRATH. Komme Er doch zu sich.JAKOB. Verzeihen Sie, ich dachte, es wäre mein Herr. Ich habe lange bei dem Herrn von Posert auf ihn warten müssen bin spät nach Hause gekommen, und Reibt sich die Augen. wenn man in meinen Jahren ist Wie viel Uhr ist es denn?HOFRATH. Sieben vorbei.JAKOB. Hm, hm! Löscht das Licht aus.HOFRATH. Sein Herr ist wieder beim Spiel?JAKOB. Das weiß Gott! Wo wär' er sonstHOFRATH. Die arme Frau! ...
An der Höhe, wo der Quell der Barden in das Thal Sein fliegendes Getöne, mit Silber bewölkt, Stürzet, da erblickt' ich, Göttin, dich Noch Einmal, du kamst zu dem Sterblichen herab!Und mit Hoheit in der Mine stand sie, und ich sah Die Geister um sie her, die, den Liedern entlockt, Täuschen, ihr Gebild. Die Wurdi's Dolch Unschuldige traf, die begleiteten sie fern,Wie in Dämrung; und die Skulda's mächtigerer Stab Errettete, die schwebten umher in Triumph, Schimmernd, um die Göttin, hatten stolz Mit Laube der Eiche die Schläfe sich bekränzt.Den Gedanken, die Empfindung treffend und mit Kraft, Mit Wendungen der Kühnheit zu sagen! das ist, Sprache des Thuiskon, Göttin, dir, Wie unseren Helden Eroberung, ein Spiel.O Begeistrung! sie erhebt sich, feurigeres Blicks Ergiesset sich ihr Auge, die Seel' in der Glut! Ströme! denn du schonest dess umsonst, Der, leer des Gefühls, den Gedanken nicht erreicht!Wie sie herschwebt an des Quells Fall! mächtiges Getön, Wie Rauschen im Beginne des Walds ist ihr Schwung! Draussen um die Felsen braust der Sturm; Gern höret der Wandrer das Rauschen in dem Wald.Wie sie schwebet an der Quelle! sanfteres Getön. Wie Wehen in dem tieferen Wald' ist ihr Schwung. Draussen um die Felsen braust der Sturm! Gern höret im Walde der Wanderer das Wehn.Die der Fremdling nicht entweiht, (Teutonien erlag Nur Siegen unerobert!) o freyere, dich Wagte der geschreckten Fessel nicht Zu fesseln? Die Adler entflogen, und du bliebst,Die du warest! An dem Rhodan klirret sie noch laut Die Kette des Eroberers! laut am Ibeer! Also, o Britanne, schallt dir noch Der Angel und Sachse mit herschendem Geklirr!So bezwang nicht an des Rheins Strom Romulus Geschlecht! Entscheidungen Vergeltungen sprachen wir aus, Rache, mit des Deutschen Schwert, und Wort! Die Kette verstumte mit Varus in dem Blut!Die dich damals mit erhielten, Sprache, da im Forst Der Weser die Erobererkette versank, Schweigend in der Legionen Blut Versank, sie verhüllt die Vergessenheit mit Nacht!Ah die Geister der Bardiete, welche sie zur Schlacht Ertöneten dem zürnenden Vaterlandsheer, Folgen mit der Todeswunde dir! Ha Norne, dein Dolch! Wirst auch diesen, so sie klagtDie vertilgten, du vertilgen? Bilder des Gesangs! Ihr Geister! ich beschwör' euch, ihr Genien! lehrt Führet mich den steilen kühnen Gang Des Haines, die Bahn der Unsterblichkeit hinauf!So erscholl's mir von der Telyn wieder in dem Hain. Mir dauchte, dass Teutona mit Lächeln auf mich Blickte: da durchströmt' es all mein Blut Mit Feuer, und Röthe, wie jugendlichem TanzIn dem Frühlinge getanzt glüht, flamte mir herauf Die Wange! Ihr Begleiter! ihr Geister! so rief Eiliger ich aus, ihr saht den Blick Der Göttin, sie lächelte! Genien, ihr saht's!O des Zaubers, den sie scheidend zauberte! Sie rief, Und Geister der Gesänge gesungen durch mich Kamen, ihr Gebild, und hatten stolz Mit heiligem Laube die Schläfe sich bekränzt,Mit dem jüngsten aus dem Haine. Hebe denn, o Dolch Der Norne, dich, du fehlst sie! die Göttin hat sie Schirmend, auf der Bahn des steilen Gangs, Des kühnen, hinauf zur Unsterblichkeit geführt!
PHILEMON.Kommt; liebsten Kinder, kommt: ihr zeigt zum Guten Lust.Folgt weiter meinem Wort, ich will in eure BrustDas zart' und sanfte Bild der reinsten Tugend drücken;Es wird euch euer Wohl erhalten und entzücken.Entzieht euch nicht dem Fleiß und meiner treuen Zucht;Euch bleibt hernach das Glück, der Segen und die Frucht;Ihr nehmt an Gütern zu ...PHILLIS.Das tu' ich herzlich gerne.Nicht wahr, ich werde schön, wann ich fein fleißig lerne?PHILEMON.Ja freilich, liebstes Kind: jedoch die Schönheit istVon unterschiedner Art. Wann du vernünftig bist,So wirst du die Gestalt mit guter Handlung zieren;Dein Herz gibt dir den Schmuck, die Wahrheit wird dich führen
Ein freundlicher, sehr sauber gehaltener Garten, der links und im Hintergrunde von einer Mauer eingefaßt ist. Rechts ein zweistöckiges einfaches Wohnhaus, dessen Fenster auf den Garten gehen. In der Mitte des Hauses die Haustür, zu der einige flache Stufen hinaufführen. Die Mauer ist in der Ecke, wo Hintergrund und linke Seite zusammenstoßen, von einer hohen eisernen Gittertür durchbrochen. Durch die Stäbe der Tür sieht man auf die Landstraße hinaus und jenseits derselben einige Arbeiterwohnungen mit kleinen Vorgärten. Es ist frühester Sommermorgen; alles noch schlafend; in der Ferne hört man Hähne krähen; vor den Fenstern des Hauses sind die Läden geschlossen und die Rouleaus niedergelassen
Wer jemals ¿ und sei es auch nur für kurze Stunden ¿ den Boden Algiers betreten hat, dem ist die mittägliche Einfahrt in den Hafen für immer unvergeßlich geblieben. Man kommt vom Norden her, im Februar oder März, wenn daheim der Schnee, zu schwarz zertretenem Brei geworden, auf durchhasteten Gassen liegt. Man hat die stürmische Oberfahrt hinter sich. Aber jetzt auf einmal, als gerate man in einen magischen Zauberkreis, wird es warm und hell, und die Luft wird leicht und die Sonne strahlt über dem glitzernden Wasser. Und plötzlich, wie Boten des Festlandes, des anderen Weltteiles da drüben, sind Möwen da, Hunderttausende von langflügeligen, kreisenden Vögeln, und durch ihr Schweben sieht man wie durch einen Silberschleier zwischen wildblauem Himmel und wildblauem Meer diese halbbogige Stadt ¿ »Alger la ville blanche!« Sie hat Cap-Matifou und Deux-Moulins vorgeschoben, als strecke sie dem Gast ihre weißen Arme entgegen. Sie ist so strahlend weiß, diese Stadt, daß wir geblendet blinzeln müssen. Aber dafür sind der Hafen, der Kai um so bunter an Farben. ¿Da sind die Mäste und Kamine von Tausenden von Schiffen, Südamerikadampfer, Holland-Indien- Dampfer, Millionärsjachten, Fischerboote, Segelboote, da sind Tausende von klatschenden Wimpeln und flatternden Flaggen. Sirenen brüllen dumpf wie Stiere, Lotsensprachrohre dröhnen, Krane knirschen, Ketten rasseln. Und droben am Kai drängen sich sommerlich bunte Frauen. Lastträger mit rotem Fez und gelben Turbantuchfetzen geben Farbflecken, weiße Tücher winken Willkomm, Kinderstimmen jauchzen, arabische Händler breiten tschechische Bettvorleger aus, um sie dem Fremden ¿ sowie er nur den Fuß an Land setzt ¿ als Sudanteppiche zu verkaufen. Und Palmen, von denen der Nordländer träumt, und Bougainvilleen, die ihre Blüten wie ausgehängten Bischofspurpur um alles Gemäuer ranken. Und weißbeburnuste Araber, so stolz wandelnd, als kämen sie geradewegs aus Tausendundeiner Nacht, und weißverhüllte Araberinnen mit rätseldunklen Augen über dem Schleier.
Alldieweil über Vermuthen hier etliche Blätter ledig verbleiben / so habe ich nur dieses erinnern wollen /daß man sich nicht ärgern dürfte / wenn der Historie dergleichen Umstände angedichtet werden / welche sich weder aus der Bibel / noch aus andern Büchern können beweisen lassen. Zum Exempel ich gebe es vor keine Warheit aus / ob Rahel einen andern Liebsten gehabt / ob sich Labans Kinder der Heyrath wiedersetzet / ob ein Engel mit einer solchen Bothschafft erschienen ist / u.d.g. Doch die Freyheit eines Gedichtes bringet es so mit / daß man das jenige nach Gefallen suppliret, welches bey dem Geschichtschreiber /als unnöthig ausgelassen worden. Denn die Action muß vollkommen seyn / und muß jhre Affecten, jhre Intrigven, und endlich jhren unverhofften Ausgang haben: Also / was möglich ist / und was ohne scheinbare Absurdität hätte darbey geschehen können / das mag man ungehindert einmischen / oder man müste solche Historien gar liegen lassen. Genung daß die rechte Begebenheit an sich selber keinen Abgang leidet / und daß verhoffentlich auch das geringste wird seyn behalten worden. Ein anders ist bey der nachfolgenden Tragoedie vom Masaniello geschehn: Den da haben sich so viel Historici darüber gemacht / daß auch die geringsten Minutiæ nicht vergessen worden /darbey man numehr sorgen müste / was man setzen oder auslassen solte. Allein dergleichen Exempel finden sich nicht allenthalben / und es bleibt darbey /wer sich in diesem Stück wil sehen lassen / der muß nach Anleitung des Griechischen Wörtgens poiein, das ist dichten / und aus nichts etwas machen können. Solte ins künfftige der verfolgte David aufgeführet werden / bey dem würden viel fremde Gedichte nicht von nöthen seyn / wie etwan bißhero der Jephtha / der Abraham / und anitzo der Jacob erfodert haben: Alldieweil auch diese Historie durch viel Capitel nach allen Umständen erzehlet wird. Immittelst verbleibe zu GOttes Gnaden Obhut / so dann auch zu einen geneigten Judicio über solche Zeit-vertreibenden Sachen gebührender massen befohlen.
Irgendwo im deutschen Land, lieblich von den Wellen eines Flusses umspült, liegt eine kleine Insel, die Rabeninsel genannt. Sie trägt ihren Namen nach den vielen, vielen Rabenkrähen, die auf ihren Bäumen horsten. So viele sind es, daß Baum an Baum mit Nestern besetzt ist und wenn die Vögel abends heimkehren, ist es, als zögen dunkle Wetterwolken daher. Die Luft is4 dann erfüllt von einem lauten Geschrei, die Menschen, die in der Nähe wohnen, beklagen sich wohl und meinen, es wären der Vögel zu viele auf der Insel. Sie wissen nichts davon, wie sehr den Krähen ihre Insel gefällt, denen ist sie ihr Königreich und den Ruhm dieser kleinen, grünen Insel verkünden die Vögel im Süden und Norden, in Ost und West. Voll Sehnsucht erzählen sie sich von dem schönen Eiland und preisen jene glücklich, denen die Insel Heimat ist. ¿
In Gemäldegalerien Siehst du oft das Bild des Manns, Der zum Kampfe wollte ziehen, Wohlbewehrt mit Schild und Lanz'. Doch ihn necken Amoretten, Rauben Lanze ihm und Schwert, Binden ihn mit Blumenketten, Wie er auch sich mürrisch wehrt. So, in holden Hindernissen, Wind ich mich in Lust und Leid, Während andre kämpfen müssen In dem großen Kampf der Zeit.
Hilfe suchend kam einmal eine Frau zu einer alten Hexe und fragte sie, ob sie ihr nicht ein kleines Mädchen verschaffen könnte.¿O ja, das soll nicht schwer halten!¿ sagte die Hexe. ¿Da hast du ein Gerstenkorn; das ist nicht etwa von der Art, wie es auf einem Bauernfelde wächst, oder womit die Hühner gefüttert werden. Lege es in einen Blumentopf, dann wirst du etwas zu sehen bekommen!¿¿Besten Dank!¿ sagte die Frau und gab der Hexe ein Geldstück, ging dann heim, pflanzte das Gerstenkorn, und sogleich wuchs eine große herrliche Blume hervor, die vollkommen einer Tulpe glich, aber die Blätter schlossen sich fest zusammen, als ob sie noch in der Knospe wären.¿Das ist eine schöne Blume!¿ sagte die Frau und küßte sie auf die herrlichen roten und gelben Blätter, aber wie sie sie noch küßte, that die Blume einen großen Knall und öffnete sich. Es war, wie man nun sehen konnte, eine wirkliche Tulpe; aber mitten in der Blüte, auf dem grünen Blumengriffel, saß ein winzig kleines, blondlockiges Mädchen, fein und lieblich. Sie war nicht größer als ein Daumen, und deswegen wurde sie Däumelieschen genannt.
Das Treffen war ebenso überraschend wie heiß und blutig gewesen. Aus der dicken Nebelwand, die überm Nordermeer lastete, als ob sie alle Sturmesschrecken der vergangenen Nacht verhüllen wollte, war plötzlich lautlos und gespenstisch die feindliche Kogge aufgetaucht. Fast hätten beide Schiffe einander gerammt. Hüben wie drüben standen die schattenhaft aus den Dunst auftauchenden Männer sekundenlang verblüfft, ehe sie zu den Waffen griffen. Dann aber hatte Harald blitzschnell seinen Entschluß gefaßt. Ein hochbordiges Kampfschiff, mit Wurfgeschützen gut ausgerüstet, ohne Wimpel und Erkennungszeichen! Seeräuber! Durch die gnadenreiche Fügung der heiligen Jungfrau ihm geradenwegs ins Netz gegangen! Seeräuber, die verrufenste Plage, die am wütendsten gehaßte Pest; Galgenvögel, die den nach England, Dänemark, Norweg segelnden Kauffahrern überall auflauerten, die Küstendörfer überfielen und verbrannten, von Jahr zu Jahr frecher wurden und selbst davor nicht mehr zurückscheuten, umwallte Städte anzugreifen. Seeräuber! Ihretwegen kreuzte Harald mit seinen Getreuen nun fast zwei Jahre lang auf der Flut, und manchen Mordgesellen hatte er an die Rahe knüpfen lassen. Hatte auch manchmal hart um den Sieg ringen, ja des öfteren zornknirschend von der übermächtigen Beute ablassen müssen ... Hell hallten seine Befehle über Deck. Die da drüben, das erkannte er auf den ersten Blick, waren keine Milchbärte und Zärtlinge, sondern aufs Äußerste gefaßt wie sie. Während des Butenspälers Bug von dem Fremden nicht mehr abließ und vom Oberdeck die Enterhaken niedersausten, schickten die Angegriffenen schon Pfeile aus den Armbrüsten her und brachten ihre auf dem Mitteldeck drohenden Bliden in Stellung. Aber Harald war schneller. Er als Erster auf dem Räuberschiff ¿ wie durfte da einer seiner wackeren zurückbleiben! Rasendes Gemetzel hob an, verzweifeltes Ringen; Siegs- und Todesgeschrei quoll aus dem grauen Dampf. Niemand konnte mehr als zwei Schritte vor sich sehen, doch den Feind sah jeder vor sich, den Feind witterten und trafen sie. Auf den von übergeflutetem Wasser und Blut glatten Planken wütete die Dämonenschlacht. Dann brüllte lauter das »Her, Her!« der Bardowiecker, wurden die Gegenrufe schwächer. Nach einer halben Stunde war alles vorüber. Alle Widersacher erschlagen! Nur zwei hatten sich überwältigen und binden lassen, zwei, deren Leben jetzt allerdings keinen Pfifferling mehr wert war.
Wie das Gras auf dem Felde duftet und verdorret zu seiner Zeit: so veraltern und verschwinden die Geschlechter der Menschen. Knaben spielen mit den Hirnschädeln ihrer Ahnen, und nach hundert Jahren tanzt ein neues Geschlecht über ihren Gräbern.Mit rüstiger Schwinge stürmen Jahrhunderte an Jahrhunderten unserm Erdstern vorbei. Wer hört ihr Sausen? wer mißt ihre Schnelle? Unter ihrem zerstörenden Flügelschlage fallen Gebürge und Maulwurfshügel, Pyramiden und Gräberkreuze; Strohhütten und Königsstädte vernichtet zusammen; die schönsten Geburten der Natur zerstieben und der fruchtbare Schoos dieser Allmutter gebiert aufs neue, um von neuem ihre Schöpfungen sterben zu sehn.Dies ist der alte, einförmige Lauf der Dinge während des gegenwärtigen Augenblicks und durch Jahrhunderte hinab und durch Jahrtausende.Auch das achtzehnte Jahrhundert war nun hineingegangen in den stillen Pallast der Vergangenheit; seines Gewandes Saum trof vom Blute der Edeln, die für und wider Barbarei und Menschheitswürde fochten. Eine Republik war untergesunken eine neue erstanden!Vier bis fünf Secula folgten, und waren gewesen; Könige und Kaiser hatten regiert, Bettler gebettelt, Schriftsteller sich müde geschrieben, und Vergessenheit war ihr Loos; denn die Nachkommen lassen sich so wenig, als ihre Vorfahren den schönen Wahn rauben, daß sie am besten regieren, betteln und schreiben.
Über Freilingen lag eine kalte, stürmische Novembernacht; der Wind rumorte durch die Straßen, als sei er allein hier Herr und Meister und eine löbliche Polizeiinspektion habe nichts über den Straßenlärm zu sagen. Dicke Tropfen schlugen an die Jalousien und mahnten die Freilinger, hinter den warmen Ofen sich zu setzen während des Höllenwetters, das draußen umzog. Nichtsdestoweniger war es sehr lebhaft auf den Straßen; Wagen von allen Ecken und Enden der Stadt rollten dem Marktplatz zu, aus welchem das Museum, von oben bis unten erleuchtet, sich ausdehnte.Es war Ball dort, als am Namensfest des Königs, das die Freilinger, wie sie sagten, aus purer Gewissenhaftigkeit nie ungefeiert vorbeiließen. Morgens waren die Milizen ausgerückt, hatten prächtige Kirchenparade gehalten und kümmerten sich in ihrem Patriotismus wenig darum, daß die Dragoner, welche als Garnison hier lagen, sie laut genug bekrittelten. Mittags war herrliches Diner gewesen, an welchem jedoch nur die Herren Anteil genommen und solange getrunken und getollt hatten, bis sie kaum mehr mit dem Umkleiden zum Ball fertig geworden waren.
Mein Vater Louis Henri Fontane, geb. am 24. März 1796, war der Sohn des Malers und Zeichenlehrers Pierre Barthélemy Fontane. Was dieser, mein Großvater, als Maler leistete, beschränkte sich vorwiegend auf Pastellkopien nach englischen Vorbildern, als Zeichenlehrer aber muß er tüchtig gewesen sein, denn er kam zu Beginn des neuen Jahrhunderts an den Hof und wurde mit dem Zeichenunterricht der ältesten königlichen Prinzen betraut. Dies leitete sein Glück ein. Königin Luise wohnte gelegentlich dem Unterrichte der Kinder bei und alsbald an dem gewandten und ein sehr gutes Französisch sprechenden Manne Gefallen findend, nahm sie denselben als Kabinettssekretär in ihren persönlichen Dienst. Vielleicht geschah es auch auf Vorschlag des um jene Zeit überaus einflußreichen Kabinettsrats Lombard, der dabei den Zweck verfolgen mochte, seine auf ein Bündnis mit Frankreich hinarbeitende Politik durch bei Hofe verkehrende Persönlichkeiten verstärkt zu sehen.
In diesem Geleitswort werde ich ausschließlich von mir selbst sprechen. Oder wenigstens vorwiegend. Ich bin in dieser Hinsicht zu Konzessionen bereit: Goethe soll auch darin vorkommen.Dieser anerkennenswerte Kollege hat einmal gesagt: »Nur die Lumpe sind bescheiden«. Aber selten ist ein Spruchkeim auf steinigeren Boden gefallen. Wo man sonst in der Kollegenschar umblickt, überall wuchert die von Goethe so grimmig bloßgestellte Bescheidenheit.Ganz besonders ducken sich die Schaffenden in den Vorreden zu ihren Schriften. Schreiben dicke, gediegene Bücher, und stellen sich davor mit dem Hut in der Hand, in der demütigen Haltung des Bittstellers. Und diese Tonart ¿ die reine Gnadenarie! »Ach, liebes Publikum, entschuldige nur, ich will's nicht wieder tun!« Und dann setzen sie auseinander, warum sie trotz alledem die verschämte Hoffnung hegen, ein paar Leser zu finden, die ihr bescheidenes Scherflein gnädig aufzunehmen die besondere Huld haben würden.
Ja, er sucht uns abzuschmeicheln, Was uns sein Vater noch nicht abgetrotzt. Herr, wenn aus andern Gründen auch, doch rat' ich Wie Simei, laß deinen Kummer fahren. Weintest du mit dem Weinenden nun das Begriff ich, doch du weinst um den, der lacht, Du weinst im Haus, das eine Hochzeit feiert. Du siehst im Geiste, Herr, ein ander Volk. Dies Volk sitzt nicht mehr unter Thränenweiden, Und Jeremias' Harfe, Herr, hat längst Schon keine Saiten mehr. Dies Volk ist nicht mehr Dem Volke Jesaias gleich; so abgegriffen Ist von den vielen Händen das Gepräg', Durch die es ging. Du seufzest nach dem Retter, Der Altes wiederbringen soll? Die Zeit Geht vorwärts; tot ist das Vergangene, Und Volk und Kinder greifen nach dem Neuen. Herr, ziehst hinauf du nach Jerusalem Daß dir's nicht geht wie mir! Ich stand verdutzt Rings griechische Gewänder! ist's auch noch Die alte Davidsstadt? und alt und jung Wie auf verdrehten Knien! Wie gottgesandt Kam mir da Joel, unser alter Gastfreund, Entgegen. Joel! rief ich; vor dem Ruf Erschrak der Mann und wich vor mir; ich nach, Und erst in einem kleinen Gäßchen nah Am Schafthor blieb er ganz verlegen stehn. »Ich bitte dich: nenn mich nicht Joel mehr, Denn Menelaus heiß ich jetzt, so wie Onias' jüngster Bruder. Freund, man merkt, Daß du vom Lande kommst; ich bitte dich: Sprich griechisch, oder laß mich gehn. Nennst du Verdrehtes Bein das angezogne Knie, Mit dem die Griechen ihre Götter bilden, Das so weit schöner ist als unser jüdisch Gemeines Stehn auf straffem Bein? Ja, Freund, Solch alter Vorurteile wie dies Stehn Aus straffen Beinen sind wir voll; das kommt Von unserm Eigensinn, mit dem wir uns Dem Strom der griech'schen Bildung abgeschlossen, Draus alles abgestorbne Völkertum Des Morgens neues Leben trinken muß. Doch Jason wird uns retten!« »Jason? Was Soll uns der Grieche?« fragt ich. »Nun beim Zeus!« Entgegnet er, »Modin liegt aus der Welt. Onias' Bruder ist's, des Hohenpriesters In der gestreckten Kniezeit hieß er Jakob Er ist's, der uns die Fechterschulen baut, Der uns zu Menschen machen wird, sobald Er an Onias' Stelle sitzt. Schon hat er Antiochus vierhundert Zentner Silbers Geboten, daß er ihn nicht hindern soll,Wenn er sich mit Onias' Krone krönt. Und schon ¿«
Denkwürdig war immerhin schon die Art, wie er seine Liebeserklärung endlich ablegte: er ging aus von der Nibelungenfrage. Für einen Eingeweihten lag eigentlich nichts besonders Auffallendes darin, und Fräulein Anna war eingeweiht; sie kannte den Feuereifer, mit dem er seine germanistischen Studien betrieb, und hatte auch, wenn nicht einen Begriff, so doch eine Ahnung von der Wichtigkeit derselben im Haushalt der Wissenschaft; darum vermochte sie es auch über sich, geduldig zuzuhören und auszuharren, bis er eine Durchfahrt zum Hauptthema fände. Denn sie wußte natürlich längst, wohin das Schifflein seiner Rede steuerte; schon die fürchterliche Feierlichkeit, die er zur Schau trug, als er sie zu dem gewöhnlichen Spaziergang abholte, mußte ihr ein Leuchtfeuerchen aufstecken. Und es scheint festzustehen, daß die Ueberraschung sie nicht überwältigte; ganz sicher ist, daß sie ihr nicht durchaus unangenehm war. ¿
»Es ist eben so, was nutzt das Arbeiten am Tage, wenn man sich den ganzen Abend in den Schenken herumdrückt? Abend! ¿ ha, ha! ¿ du hast zu Hause nie die Uhr elf schlagen hören. Der Teufel auch, wo läufst du hin mit der Nase auf dem Boden, wie ein Köter, der die Spur verloren hat? Was du suchst, das findest du freilich nicht mehr! Wer sein Geschäft durch die Gurgel . . . . . . Aber zum Schinder, rechts! ¿ Siehst du's nicht, hier die Chaussee, das ist der Wald, rechts und links die Ahorne, das ist der Graben ¿ doch den kennst du ja ¿ hm ¿ wenn's so fortgeht, wird's dein Ausgedinge!« Der Sprecher, ein mittelgroßer Mann mit braunem Vollbart und breitem Hut, blieb stehen, hielt die Hand über die Augen und sah dann in das Thal, das sanft zu seinen Füßen abfiel. Die Abensonne erglühte hinter den Bergen. Ihr goldenes Strahlenrad blitzte über den Rücken des nahen Gebirges herauf. Dies lag vor ihm, schon in das Dämmern des Abends gehüllt. Hier und da an seinem Abhange blitzten Lichter auf. Dem überraschten Auge schienen sie flimmernd hin und her zu wandern. Aber der Beschauer wußte es ja, der Berg war bis zur Höhe bebaut. »Seltsam,« öffnete er die zusammengepreßten Lippen, »das wissen die Leute genau, wenns um sie Nacht wird. Da zündet jeder sein Licht an. Aber wenn drinnen die Nacht anhebt, haben die wenigsten Augen.« Seine eben noch streng blickenden, grauen Augen wurden milde, die Lider senkten sich. Die Linien des Gesichts, welche bei den Worten an seinen Begleiter hart die Wangen furchten, verschwanden. Das Antlitz wurde sanft, feierlich, wie das eines Menschen, der fernes Glockengeläut hört, oder schöne Gedanken und Träume belauscht.
Erster Umkreis: Die ErkenntnisEingangSteig auf, steig auf mit deinen Leidenschaften, tu ab die lauliche Klagseligkeit: lach oder weine, hab Lust, hab Leid, und dann recke dich, bleib nicht haften! Um den Drehpunkt des Lebens kreisen Wonne und Schmerz mit gleichem Segen; sieh, mit unaufhaltsamer Sehnsucht weisen die Menschen einander Gott entgegen! Stolpert auch Jeder über Leichen, schaudre nicht davor zurück! denn es gilt, o Mensch, ein Glück ohne gleichen zu erreichen.
Ich will euch eine schöne Geschichte aus dem Erbe der Vorzeit erzählen, welche sich zutrug, als noch die Anger nach alter Weise von der Weisheit-Sprache der Vierfüßer und der Befiederten wiederhallten.Es lebte einmal vor Zeiten in einem tiefen Walde eine lahme Alte mit drei frischen Töchtern: ihre Hütte lag im Dickicht versteckt. Die Töchter blühten schönen Blumen gleich um der Mutter verdorrten Stumpf; besonders war die jüngste Schwester schön und zierlich wie ein Bohnenschötchen. Aber in dieser Einsamkeit gab es keine andern Beschauer als am Tage die Sonne, und bei Nacht den Mond und die Augen der Sterne.»Brennend heiß mit JünglingsaugenSchien die Sonn' auf ihren Kopfputz,Glänzte auf den bunten Bändern,Röthete die bunten Säume.«Die alte Mutter ließ die Mädchen nicht müßig gehen, noch säumig sein, sondern hielt sie vom Morgen bis zum Abend zur Arbeit an; sie saßen Tag für Tag am Spinnrocken und spannen Goldflachs zu Garn. Den armen Dingern wurde weder Donnerstag noch Sonnabend Abend Muße gegönnt, den Gabenkasten zu bereichern, und wenn nicht in der Dämmerung oder im Mondenschein verstohlener Weise die Stricknadel zur Hand genommen wurde, so blieb der Kasten ohne Zuwachs. War die Kunkel abgesponnen, so wurde sofort eine neue aufgesetzt, und überdies mußte das Garn eben, drall und fein sein. Das fertige Garn verwahrte die Alte hinter Schloß und Riegel in einer geheimen Kammer, wohin die Töchter ihren Fuß nicht setzen durften. Von wo der Goldflachs in's Haus gebracht wurde, oder zu was für einem Gewebe die Garne gesponnen wurden, das war den Spinnerinnen nicht bekannt geworden; die Mutter gab auf solche Fragen niemals Antwort. Zwei oder drei Mal in jedem Sommer machte die Alte eine Reise, man wußte nicht wohin, blieb zuweilen über eine Woche aus und kam immer bei nächtlicher Weile zurück, so daß die Töchter niemals erfuhren, was sie mitgebracht hatte. Ehe sie abreiste, theilte sie jedesmal den Töchtern auf so viel Tage Arbeit aus, als sie auszubleiben gedachte.
Meine allergnädigsten Damen und sehr verehrlichen Herrn! Sie werden mir's wohl glauben: ich gefiele Ihnen gern. Aber mein Herr, der Dichter, hat mich leider ausersehn, Jedem eine Nase zu drehn. Wer weiß, vielleicht dreh ich ihm selber auch eine; indessen diese Nase hat lange Beine. Zunächst nämlich soll ich mich erfrechen, über den Gang der Handlung im Voraus mit Ihnen zu sprechen. Sie sehn's schon an mir, und merken mit Gruseln: huh, hier geht's offenbar geheimnisvoll zu. Meine Maske hat weder Haut noch Haar, blos ein unverschämtes Allerweltsspiegellöcherpaar
Laß aus dem Königsbuch der Perser dir berichten Von Rostem und Suhrab die schönste der Geschichten, Von Heldenruhm, wie leicht er Frauenlieb erwarb, Und wie der eigne Sohn, erlegt vom Vater, starb! Held Rostem sprach, als er am Morgen war erwacht: Auch heute hab ich nicht zu reiten in die Schlacht. Afrasiab, der Fürst von Turan, läßet ruhn Die Waffen, friedlich blüht das Reich von Iran nun; Doch in der Friedensruh was soll ich selber thun? Da rüstet' er sich schnell zur Jagd, er band in Eile Den Gürtel fest, und hieng den Köcher um voll Pfeile. Den Bogen prüft' er, ob er nicht die Kraft verlor; Dann zog er aus dem Stall den edlen Hengst hervor. Dem war die Weile dort wie seinem Herren lang; Er wieherte vor Lust, als er ihn setzt' in Gang. Er schwang sich auf den Rachs, und sagte nicht ein Wort Den Seinigen im Haus, in Eile ritt er fort. Der Mark von Turan zu wandt er sein lockig Haupt, Alswie ein Löwe, der nach seiner Beute schnaubt. Wie zu der Turanmark er hingekommen war, Die Haide nam er da voll wilder Elke war. Wie eine Rose war erblüht des Helden Wange Vor Lust, er tummelte den Rachs mit raschem Gange. Mit Pfeil und Bogen bald, mit Keul und Fangeschnur, Ein Dutzend Stücke warf er nieder auf die Flur.
Das Riesengebirge, das euch, meine jungen Freunde, aus der geographischen Lehrstunde wohl bekannt ist, ja welches einzelne von euch schon besucht haben, ist derjenige Teil der Sudeten des preußischen Staates, wo sie am höchsten und engsten verbunden sind und Schlesien von Böhmen und Mähren scheiden. Die hervorragenden Spitzen derselben sind von ansehnlicher Höhe, die Riesen-, auch Schneekoppe genannt, welche 1605 m über dem Meeresspiegel liegt; ferner der Reifträger, das hohe Rad und die Sturmhaube; auch haben starke Flüsse, z. B. die Elbe und der Bober, ihren Ursprung zwischen felsigen Höhen. ¿ Dort nun war ehemals der Aufenthalt eines mächtigen Berggeistes. Sein Gebiet umschrieb auf der Oberfläche des Riesengebirges nur wenige Meilen, breitete sich aber im Innern desselben desto weiter und tiefer aus. Der Gnom herrschte oft jahrhundertelang still in seinem unterirdischen Reiche, und erhob sich nur selten auf die Oberwelt, um dort sein Wesen zu treiben.Zur Zeit, als noch kein menschlicher Fußtritt das verkümmerte Knieholz und die spärliche Vegetation der Berge betrat, ehe die Gegend bewohnt war, begnügte sich der Herr der Riesenberge damit, wilde Tiere aufeinander zu hetzen, oder sie aus ihrem Lager aufzuschrecken, und sie in wilder Jagd durch das Gehölz zu treiben.
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