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Wie sind Handlungen literarischer Figuren motiviert? Lassen sie sich psychologisch oder narratologisch erklaren? Da die Figuren arthurischer Romane textubergreifend konstruiert werden, konnte man annehmen, ihre Handlungen folgten einem festen Muster, unabhangig von situativ dargestellten Emotionen. Gibt es also eine gattungsspezifische Handlungsmotivation? - Um diese Fragen kreisen die hier versammelten Beitrage. Sie demonstrieren, dass der europaische Artusroman keine einheitliche Behandlung von Emotionen als Handlungsmotivation kennt. Gro ist die Variationsbreite der sichtbaren Innerlichkeit der Figuren. Als gattungsspezifisch lasst sich aber eine Tendenz erkennen, das Verhaltnis von Emotion und Handlung in den Texten selbst als ein Produkt narrativer Vermittlung aufzudecken: durch die Inszenierung von Selbstverlust oder des Widerstreits zwischen Vernunft und Emotion, durch ein offenes Spiel mit unterschiedlichen Graden der Informiertheit von Figuren, Erzahler und Rezipienten, durch die Integration des Vorwissens der Rezipienten oder durch die Referenz auf und den Versto gegen Codierungen von Emotionen, kulturelle und literarische Normen.
Orientiert am Spektrum der Forschungen Friedrich Wolfzettels, dem dieser Band gewidmet ist, beleuchten die hier versammelten Beitrage verschiedene Facetten arthurischen Erzahlens. Sie betrachten vergleichend narrative Aspekte der mittelalterlichen franzosischen und deutschen Artusliteratur, befassen sich mit Fragen der reecriture des Arthurischen im spateren Mittelalter und mit dem Weiterleben des Artusstoffs in medial andersartigen Formen des Erzahlens: im Musiktheater und der Literatur des 19. und fruhen 20. Jahrhunderts, im Film und im zeitgenossischen Roman.
LancelotText-Bilder< können eine handlungsbestimmende Funktion erhalten, als intertextuelle Referenzen dienen oder poetologische Reflexionen anstoßen.
Im Zuge von Kanonisierungstendenzen wird 'der Artusroman' heute gerne auf die Werke Chrétiens und weniger anderer 'Klassiker' begrenzt, abgesehen von einzelnen Texten, die zyklisch von der Forschung wiederentdeckt werden. Zu einem modernen 'Mythos' konnten Artus und der Artusstoff aber nur werden, weil die Artustradition über Jahrhunderte hinweg hoch aktiv weiterlebte und die Texte immer wieder neu rezipiert, transformiert, umgeschrieben und der aktuellen Zeit angepasst wurden. So entstand eine Fülle von arthurischen Texten und Artusnotationen. Während bislang zumeist die Erforschung der Artusrezeption im 19./20. Jahrhundert und mediävistische Untersuchungen zur mittelalterlichen Réécriture unverbunden nebeneinander standen, nimmt dieser Band beides in den Blick. Als Bindeglied dient die in der Forschung oft ausgeblendete Artusrezeption in der Frühen Neuzeit. Unter den Schlagwörtern 'réécriture' und 'Rezeption' werden Prozesse der Übertragung, Bearbeitung und Fortschreibung einzelner Romane sowie verschiedene Formen der Rezeption einzelner Figuren, Motive oder Erzählschemata, aber auch ganzer Romane analysiert und historisch kontextualisiert, um zu erklären, was Artus zu einem 'Mythos' macht.
Die Frage nach einem mittelalterlichen Gattungsbewusstsein und den Wechselwirkungen literarischer Gattungen, auch als Sonderfall der Intertextualitat, hat die mediavistische Forschung immer wieder beschaftigt. Anders als etwa die spate Heldenepik stand der Artusroman, der gerne als Prototyp einer geschlossenen literarischen Gattung betrachtet wird, dabei bisher nicht im Zentrum des Interesses. Hier setzt der vorliegende Band an. Die Beitrage (ausgewahlte Ergebnisse des Internationalen Artuskongresses in Bukarest 2014) zeigen in detaillierten Fallstudien und textnahen Analysen, dass der Artusroman von Anfang an mit anderen Gattungen in einem Dialog stand und mit diesen Elemente und Strukturen austauschte. Gefragt wird nach den autorintendierten oder im Rezeptionsprozess entstehenden Effekten solcher wechselseitiger Einflussnahmen, die nicht zuletzt von der literarischen Kompetenz des Rezipienten abhangen. Der Band bietet einen Uberblick uber die Vielfalt solcher 'arthurischen Gattungsinterferenzen', leistet dadurch einen Beitrag zur Verortung der Artusliteratur im Spektrum der verschiedenen mittelalterlichen Gattungen und lasst Ruckschlusse auf das mittelalterliche Gattungsverstandnis zu.
Johanns von Würzburg "Wilhelm von Österreich" gehört zu den späthöfischen mittelhochdeutschen Romanen, die lange Zeit mißverstanden worden sind. Er wird hier erstmals in seinem literarhistorischen Kontext betrachtet, als ein Werk, das an der Schwelle zwischen dem Untergang des höfischen Romans und dem Triumph der didaktischen Kleinepik und Allegorie sowie am Gipfelpunkt der Historisierung höfischer Dichtung steht. Die Verfasserin versteht ihn als ein literarisches Experiment und untersucht, wie Johann in der Motivik, der Erzählhaltung und der Struktur seines Werks Elemente der Minnerede, des höfischen Romans und der Geschichtsschreibung verbindet und aufeinanderstoßen läßt, um die Gattungsmischung erkenntlich zu machen. Ein Vergleich mit Ulrichs "Frauendienst", dem "Jüngeren Titurel", dem "Reinfrid von Braunschweig" und Wittenwilers "Ring" verdeutlicht schließlich die Einzigartigkeit der Gattungsmischung bei Johann, die über eine schlichte Integration gattungsfremder Elemente in einen Roman weit hinausgeht: Johann schafft eine neue Romanstruktur, die Lehre und Handlung aufeinander bezieht und der Minnedidaxe wie dem Fürstenpreis dient. Den Abschluß der Untersuchung bildet eine Analyse der Rezeption des Werks im 14.-16. Jahrhundert, von der Handschriftentradition über die Prosaisierung und Hans Sachs' Tragödie bis hin zu Erwähnungen des "Wilhelm" in anderen Werken, v.a. bei Hermann von Sachsenheim. Die Gattungsmischung ist offensichtlich von den frühen Rezipienten erkannt und z.T. als störend empfunden und bereinigt worden. Im Anhang finden sich die bisher unedierte "Liebesklage" (Brandis 40) und der vollständige Zyklus der Holzschnitte aus dem Augsburger Prosadruck von 1481.
The series "e;QUELLEN UND FORSCHUNGEN ZUR LITERATUR- UND KULTURGESCHICHTE"e; (Sources and Research in the History of Literature and Culture), with a rich tradition stretching back to 1874, is an established feature among the renowned publications for German Literary Studies. Edited by Ernst Osterkamp and Werner Rocke at the Humboldt University of Berlin, the series presents examples of high-quality scholarship examining literary texts in conjunction with historical cultural phenomena, particularly with the other arts. There is an explicit demand for literary studies with a transdisciplinary approach. German literature from the Middle Ages to the present day forms the main focus of the series. As the historical cultural thrust of the series includes aspects of intercultural experience and national perceptions of the other, Quellen und Forschungen is also open to occasional comparative studies. The publications of the series include monographs, doctoral and professorial theses and thematically focused volumes of collected papers. Works presented for acceptance in the series are required to display scholarly relevance and excellence in method and presentation.
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