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Im mittleren 19. Jahrhundert durchkreuzen sich alte und neue Literaturauffassungen auf unterschiedliche Art und Weise. Klassizistische, romantische und vormärzliche Ansichten treffen auf realistische oder gar naturalistische Literaturmodelle, journalistische und unterhaltende Schreibweisen treten in Konkurrenz zur Kunstliteratur. Dieser Sammelband geht in 18 Beiträgen vergessenen Konstellationen dieser literarischen Kommunikation insbesondere in der zweiten Jahrhunderthälfte nach. Er erhellt Entwicklungen der periodischen Presse, des literarischen Marktes sowie der Poetik und analysiert historische, religiöse und gesellschaftliche Funktionen der Literatur. Erörtert werden Gattungsfragen (Abenteuerroman, historische Lyrik, Verhältnis von Feuilleton und Essay) und Einzeltexte von Gottfried Keller, Wilhelm Raabe, Paul Heyse oder deutsche Übersetzungen von Charlotte Brontës Jane Eyre, die Volksschriftstellerei als Volksaufklärung oder als Versuch, sich als Nationalliteratur zu etablieren, und Beispiele von jüdischer und katholischer Belletristik. Im Weiteren werden auch neue publizistische Strategien in den Blick genommen (Verhältnis von Text-Bild in illustrierten Zeitschriften, literarische Mehrfachverwertungen, Buchreihen).
Mit dieser Arbeit wird erstmals das literarische und poetologische Schaffen von Johann Jakob Bodmer (1698-1783) umfassend analysiert. Aus ideengeschichtlicher Perspektive werden lokale und europaische Debatten miteinander in Bezug gesetzt und so ein neues Profil des Meinungsfuhrers der Zurcher Aufklarung entworfen, das die negativen Urteile der Literaturgeschichte revidiert. In moralischen Wochenschriften, biblischen Epen, politischen Dramen und Kinderschauspielen propagierte Bodmer anthropologische und soziale Modelle der Empfindsamkeit', die er weit radikaler als die meisten deutschen Dichter als politische Basis einer jeden Gesellschaft verstand. Seine Dichtungen nutzte Bodmer, um in wechselnden historischen Milieus sein vom Naturrecht gepragtes Ideal des naturlichen Menschen als ewig geltendes moralisches und politisches Vorbild zu preisen.Ahnlich wie spater Herder oder Schiller sah bereits Bodmer die Literatur als wirkungsvollstes, gesellschaftserneuerndes Medium an. Das Herzstuck seiner ars popularis bildet die Grundwissenschaft der Character"e;, die Bodmer methodologisch aus der Historiographie, Sittenlehre und Dichtkunst ableitete. Hierdurch leistete er einen innovativen Beitrag zur Geschichte der modernen Poetik.
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