Bag om 893 Tage aus Liebling in den Donbass und zurück
Er war gerade einmal 17 Jahre alt. Da wurde er verschleppt. Am 15. Januar 1945 wurde Friedrich Eberle ausgehoben und zusammen mit anderen Lieblinger in ein Arbeitslager in den Donbass deportiert. Außer ihm waren es aus Liebling noch 103 deutsche Männer zwischen 17 und 45 Jahren und 111 deutsche Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, die an diesem Tag für die von den sowjetischen Besatzern angeordnete Zwangsarbeit zusammengetrieben wurden. Rumänische Miliz- und Regierungsangehörige haben sich an der Durchführung der Maßnahme beteiligt. Insgesamt wurden aus Rumänien 75.000 deutsche Männer und Frauen deportiert, schätzungsweise kam jeder siebte dabei ums Leben. Wie durch ein Wunder hat mein Vater überlebt. Nachdem er nach mehr als zwei Jahren Schwerstarbeit, geplagt von Hunger und Kälte, auf 45 kg abgemagert war, kam er auf die Krankenliste und wurde aus dem Arbeitslager entlassen. Jedoch brachten sie ihn nicht zurück nach Liebling, von wo sie ihn abgeholt hatten, sondern sie setzten ihn am 17. April 1947 in Hoyerswerda, das damals zu der sowjetischen Besatzungszone gehörte, als Staatenloser aus. Dank der gelebten Mitmenschlichkeit von deutschen, österreichischen, ungarischen Bürgern ist es ihm gelungen nach 76 Tagen in seinem Elternhaus wieder anzukommen. Mein Vater hat früher über die Zeit nicht gesprochen, denn auch noch viele Jahre nach dem Krieg war die Verschleppung der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen sowohl in Rumänien als auch in Deutschland ein Tabuthema. Das Schweigen dauerte 50 Jahre an. Öffentlich wurde erstmalig 1995 der Verschleppung gedacht, als im Alten Rathaus in München die Großveranstaltung "50 Jahre Deportation der Südostdeutschen in die Sowjetunion" stattfand. Zwischenzeitlich hat mein Vater seine Erlebnisse aufgeschrieben. Zutiefst berührend und minutiös genau, so als sei es erst gestern gewesen, schildert er darin den täglichen Kampf ums Überleben in dem mehr als tausend Meilen von der Heimat entfernten Arbeitslager Chasov Yar. Viele seiner Kameraden sind aus dem Arbeitslager nicht mehr zurückgekehrt. Der Autor kann sich auch sehr genau an die wenigen Tage erinnern, von denen er sagt, da sei er der "Hans im Glück" gewesen. Es waren Tage, an denen er sich einmal hat satt essen können.
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