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Die Arbeit zeigt auf, in welchem Mae die Hermeneutik des jungen Goethe von der Auseinandersetzung mit bibelexegetischen Fragen gepragt ist. Insbesondere der Pietismus bietet Goethe verstehenstheoretische Paradigmen an, auf die er in spielerischer Weise bei der Entfaltung seiner Genievorstellung zuruckgreift. Der Wiedergeborene in Christo"e;, dem gnadenhaft Verstehen zuteil wurde und dessen Verzuckung sich in normvergessener Zungenrede Bahn bricht, wird zur Schablone, nach der das Verhaltnis von Eindruck und Ausdruck, Hermeneutik und Produktionsasthetik, gezeichnet wird. Dieses Umschlagen einer geistgewirkten, pneumatischen Hermeneutik in eine neue, genialische Produktionsasthetik wird von Goethe in der Auseinandersetzung mit theologischen und insbesondere bibelexegetischen Fragen in den Texten Brief des Pastors und Zwo wichtige bisher unerorterte biblische Fragen entworfen. Vor diesem Hintergrund wird u. a. deutlich, wie sehr der Aufsatz Von Deutscher Baukunst als produktionsasthetisches Manifest durch eine spezifische Verstehenstheorie bedingt ist, die ihre Pragung durch die pietistische Hermeneutik nicht verhehlen kann.
Die Arbeit befasst sich in auslegungsgeschichtlicher Perspektive mit der in der Frühen Neuzeit äußerst prominent in Erscheinung tretenden Motivik des Gnadenstuhls, der Deckelplatte der alttestamentlichen Bundeslade. Ausgehend von der in Röm 3,25 erblickten Identifikation des Gnadenstuhls mit Christus kam es zu einer facettenreichen Entfaltung der Thematik in den Medien und Konfessionen der Frühen Neuzeit. Die intertestamentarisch geprägte Gnadenstuhl-Motivik diente dabei nicht nur zur bloßen Illustration theologischer Zusammenhänge, sondern trug vielmehr zur produktiven Durchdringung und Weiterentwicklung basaler Themen wie etwa der Bildtheologie, der Heiligenverehrung, des Gebets, der Rechtfertigung und des Gottesdienstes bei. Gleichzeitig kam der Thematik eine zentrale Stellung in der zeitgenössischen praxis pietatis zu. Sowohl in binnen- als auch in interkonfessionellen Debatten verhalf der Bezug auf die Gnadenstuhl-Thematik dazu, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, Konsens herbeizuführen oder Dissens zu präzisieren. So prägt das Bild des Gnadenstuhls einerseits die transkonfessionelle Frömmigkeits- und Meditationstheologie und -praxis in der Frühen Neuzeit und führt andererseits konfessionsspezifische Zentralanliegen vor Augen.
Die metahermeneutische Untersuchung widmet sich dem Interpretationsproblem und damit einer grundlagentheoretischen Frage aller textinterpretierender Disziplinen. Der Analyse der text- und zeichentheoretischen Pramissen des Interpretationsproblems, entfaltet als Problem der Beliebigkeit von Interpretationen, folgen Erorterungen zu verschiedenen Formen der Bedeutungszuweisung (Bezeichnung, Exemplifikation, Analogisierung) und zum Aufbau von Bedeutungskonzeptionen. Um zwischen zulassigen und unzulassigen Interpretationen angemessen unterscheiden zu konnen, bedarf es Kriterien des Vergleichs und der Bewertung von Interpretationen. Diese Kriterien lassen sich nur im Rahmen einer gewahlten Bedeutungskonzeption festlegen, die auch die interpretationsrelevanten Kontexte selegiert und hierarchisiert. Vor diesem Hintergrund wird eine methodologische Losung des hermeneutischen Zirkels entwickelt. Die Studie wendet sich an interpretationstheoretisch interessierte Leserinnen und Leser aller Disziplinen.
This work challenges the common consensus that Luther, with his commitment to St. Paul's articulation of justification by faith, leaves no room for the Letter of St. James. Against this one-sided reading of Luther, focused only his criticism of the letter, this book argues that Luther had fruitful interpretations of the epistle that shaped the subsequent exegetical tradition. Scholarship's singular concentration on Luther's criticism of James as "e;an epistle of straw"e; has caused many to overlook Luther's sermons on James, the many places where James comes to full expression in Luther's writings, and the influence that Luther's biblical interpretation had on later interpretations of James. Based primarily on neglected Lutheran sermons in the sixteenth and seventeenth centuries, this work examines the pastoral hermeneutic of Luther and his theological heirs as they heard the voice of James and communicated that voice to and for the sake of the church. Scholars, pastors, and educated laity alike are invited to discover how Luther's theology was shaped by the Epistle of James and how Luther's students and theological heirs aimed to preach this disputed letter fruitfully to their hearers.
Die Denkfigur des ordo inversus, die seit der Antike in den verschiedensten Disziplinen epistemische Sicherheit garantierte, verliert mit Beginn der Moderne an Plausibilität. Es kommt zu einem Formen- und Funktionswandel, der in den Künsten wie auch in den Natur- und Geisteswissenschaften auf vielfältige Weise resonierte und somit einen sowohl systematisch als auch historisch signifikanten Einblick in die historische Epistemologie eröffnet.
Die Phänomenologie hat in der Literaturwissenschaft vielfältige Spuren hinterlassen. Mit Fokus auf der Interpretationstheorie werden in dieser Arbeit zentrale Stationen der literaturwissenschaftlichen Rezeption der Phänomenologie rekonstruiert. Dadurch wird einerseits ein Beitrag zur Aufarbeitung der Fachgeschichte geleistet, andererseits werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse zur aktuellen philologischen Hermeneutik in Beziehung gesetzt.
Als Beitrag zur weiteren Systematisierung und Ausdifferenzierung der literaturwissenschaftlichen Hermeneutik fragt die Studie nach der Rolle des Autors und der Autorintentionen fur die Interpretation literarischer Texte, um zu zeigen, dass hinter der Problematisierung des Autors in vielen Fallen die Problematisierung der Interpretation von Texten uberhaupt steht. Zu diesem Zweck werden die zentralen literaturtheoretischen Positionen der Autorschaftsdebatte kritisch rekonstruiert, in ihrem argumentationslogischen Aufbau analysiert und in einen ubergreifenden Diskussionszusammenhang gestellt. Zwei hermeneutische Phanomene, die als Minimalfunktionen philologischer Autorschaft gelten konnen, sind das Ergebnis der anschlieenden Untersuchung: Der Ruckgriff auf den Autor erweist sich immer dort als notwendig, wo Historizitat und Normkonformitat literarischer Artefakte im hermeneutischen Prozess eine Rolle spielen. Dies gilt sowohl fur die hermeneutische Beschaftigung mit Literatur wie mit Texten der Geistesgeschichte.
Die Arbeit versucht, die Literaturgeschichte und Wissenschaftsgeschichte der philologisch-historischen Wissenschaften als Teile einer Geschichte zu begreifen. Sie richtet sich auf einen kaum beachteten, aber wichtigen Fall der Interaktionen von Literatur und Wissen im 19. Jahrhundert. Modellhaft gefasst, entsteht hier eine sehr spezifische, spannungsreiche Konstellation: In einer Kultur, in der professionelle Beobachtungsinstanzen fur die Literatur etabliert sind, profitiert der Dichter von der deutenden Aufmerksamkeit, die ihm entgegengebracht wird. Gleichzeitig aber muss er darauf bestehen, dass die deutende Aufmerksamkeit seine Werke nicht erschopfen kann. Umgekehrt existiert der Literaturwissenschaftler nur deshalb, weil es seine Gegenstande gibt, d.h. etwa die Dichter. Aber er muss seinerseits plausibel machen, dass seine Arbeit an den Werken etwas Wichtiges sichtbar werden lasst, das von ihnen selbst her kaum sichtbar geworden ware. Hier ergeben sich vielfaltige Spannungsverhaltnisse, denen die Arbeit exemplarisch in Fallstudien u.a. zu Friedrich Schlegel, Stifter und Nietzsche nachgeht. Gleichzeitig rekonstruiert sie das bildungsgeschichtliche Fundament von Universitat und Schule im 19. Jahrhundert.
Die Studie bezieht das gleichermaen fur die allgemeine Hermeneutik und die Sprachphilosophie zentrale Interpretationsprinzip der hermeneutischen Billigkeit auf den Bereich der Interpretation fiktionaler literarischer Texte. Zu diesem Zweck werden formaler Zuschnitt und inhaltliche Ausdifferenzierung eines spezifisch philologischen Billigkeitsprinzips ebenso rekonstruiert wie die Bedingungen, unter denen auf eine nachsichtige Interpretation bestimmter Interpretanda verzichtet werden sollte. Die philologische Kontextualisierung des Prinzips hermeneutischer Billigkeit erweist, dass es sowohl den im Fall der Literaturinterpretation typischerweise enorm hohen Aufwand hermeneutischer Ressourcen grundlegend rechtfertigt, als auch als heuristische Hypothese konkrete Interpretationsprozesse anleitet und damit als methodisches Fundament der Literaturinterpretation zu verstehen ist.
Die Studie beschaftigt sich mit Literatur unter Bedingungen von Kritik. Sie zeigt, wie kritische und literarische Kommunikation seit dem 17. Jahrhundert aufeinander reagieren, wie eine eigensinnige kritische Haltung etabliert wird und wie mit dieser neuen Kritikfahigkeit die Verunsicherung der Akteure steigt. Zu den Strategien, mit denen Autoren und Leser auf die Unsicherheit kritischer Kommunikation reagieren, gehort dabei insbesondere eine bestimmte Form der Aufmerksamkeit: Sie bildet die Grundlage fur die Bereitschaft, Werke ebenso genau wie umfassend zu beobachten und sich von moglichen Mangeln nicht irritieren zu lassen. Auf diese Weise zeigt die Studie auch, dass aus der kritischen Kommunikation die Philologie entsteht, dass Literatur und Literaturwissenschaft kooperieren und dass ihre Geschichten zusammengehoren. Wie komplex die Muster kritischer Kommunikation angelegt sind, wird in Detailstudien zu einer Reihe groer Werkpolitiker entwickelt: Friedrich Gottlieb Klopstock, Ludwig Tieck, Johann Wolfgang Goethe und Stefan George.
Unter dem Titel Ars corrigendi diskutierten F. Robortello (1557), W. Canter (1571) und K. Schoppe (1597), wie man aus dem überlieferten Textmaterial verlässliche Textfassungen gewinnen konnte ¿ Editionen antiker Texte bildeten ja die Voraussetzung für die Aneignung der antiken Wissensbestände im Renaissancehumanismus. Die antiken Schriften in den Manuskripten hatten auf ihrem langen Überlieferungsweg im Mittelalter viele Verschreiber und redaktionelle Umarbeitungen erfahren und mussten nun in mühseliger Kleinarbeit verbessert werden. Diese Philologie stand im Kontext der Lebenswege von gelehrten Philologenpersönlichkeiten und war von den Bedingungen von Buchdruck und universitärem Lehrbetrieb bestimmt ¿ was sich in Instrumentalisierungen wie der Anbindung an antike philologische Traditionen als Legitimierung oder die Unterlegung mit einer aktuellen Polemik manifestiert. Diese Studien bieten eine Rekonstruktion der Textkritik und der dort verhandelten historischen, paläographischen und methodologischen Wissensbestände. Sie weisen formale Parallelitäten mit anderen philologischen Genera wie dem Kommentar oder der variae lectiones-Literatur nach. Die Ausbildung der Ars corrigendi wird als Ausdruck eines neuen Selbstverständnisses der Philologie gedeutet ¿ eine professionalisierte Form des Textumgangs, die in eigenen Methodenschriften reflektiert wird.
Die Reihe Historia Hermeneutica ist ein hochwertiges Forum fur die Erforschung der Hermeneutik-Geschichte und -Methodik. Sie wird die Hauptphase der hermeneutischen Theoriebildung in Europa von der Reformation bis in die Moderne (ca. 1500 - 1850) wissenschaftlich abbilden.
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