Gør som tusindvis af andre bogelskere
Tilmeld dig nyhedsbrevet og få gode tilbud og inspiration til din næste læsning.
Ved tilmelding accepterer du vores persondatapolitik.Du kan altid afmelde dig igen.
Als der Rittmeister Kyrill zum ersten Mal die Nähe seines rätselhaften Besuchers fühlte, waren die äußeren Umstände solcher Art, daß man eher alles Andere hätte erwarten können, als den Eintritt eines so fremdartigen und so heftig eingreifenden Schicksals. Eine auch nur annähernd befriedigende Aufklärung hat die Angelegenheit niemals gefunden, die Prüfung der hinterlassenen Papiere des Rittmeisters trug eher noch zur Verdunkelung des Geheimnisses bei, auch sorgte das Regiment im eigenen Interesse und aus Rücksicht auf die Angehörigen des Verstorbenen dafür, daß so wenig wie möglich bestimmte Nachricht über diesen Fall in die Öffentlichkeit dringe und so bleibt der Erzählung nichts Anderes übrig, als in einfacher Wiedergabe die einzelnen Tatsachen nebeneinander zu stellen und alle Rätsel und Fragen, die sich dem Betrachter aufdrängen möchten, selbst ohne den Versuch einer Deutung in ihrem notwendigen Dunkel zu lassen. Bei dem völligen Mangel an allen vernunftgemäß greifbaren Anhaltspunkten bleibt es zudem bis zum äußersten ungewiß, ob eine Aufhellung des Falles von der einen oder der anderen Seite her jemals noch erfolgen könnte.
URBAN spricht. Ihr nachtpawrn, ich hab eins bedacht. Dem nachtpawr Kargas ist zugstorben Ein grosses erb und hat erworben Drey hundert gülden also bar, Der etwan unser gsel auch war. Thet uns derselb ein vorteil geben, So möcht wir dest frölicher leben. Wie rieth ir, wenn wirn zu uns lüden? HANS, DER PAWR spricht. Ey, schweig! was wolten wir des Jüden? Er thut sein gelt so gnaw einschliessen, Das sein gar niemandt kan geniessen. Er ist viel herter, wann ein stein. URBAN, DER PAWER spricht. Ey, Hans, bey meinen trewen, nein! Thu in dennoch so hart nicht schmehen! Ich hab ihn offt wol milt gesehen, Wenn er den zitter-pfenning vertrunck. Sonst sitzt er gleich wol wie ein unck. Vielleicht ists also sein natur.
. Alle Türen der Kirche standen an dem heißen, wundervollen Sommertage weit geöffnet. Ein ununterbrochenes Orgelspiel, in das von Zeit zu Zeit im hellsten Ton gesungene Hallelujas der rotgerockten Chorknaben einfielen, flutete bald leiser, bald lauter durch die Hallenkühle. Mehr einem fröhlichen Festgewimmel gleich, wogte es unausgesetzt im Innern. Marktweiber traten mit ihren Körben herein, verbeugten sich, bekreuzten sich, knieten, beteten und gingen wieder hinaus. Kinder und Hunde liefen oft spielend hindurch. Vor den verhangenen Beichtstühlen standen in fortwährender Abwechslung die Bewohner der kleinen Stadt und der umliegenden Dörfer. Gähnend, gutmütig lächelnd hörten hinter ihrem Gitterwerk die Priester das unschuldige Sündenverzeichnis an: kannten sie doch schon, daß ihnen stets das gleiche ins Ohr geflüstert wurde. Allerlei kleine Vergehen, süße Erinnerungen aus versteckten Lauben, alle die hundertfachen mehr oder minder schweren Herzbeklemmungen, die jedermann durch den Tag schleppt. Und immer wieder gaben sie Vergebung, hin und wieder geringe Strafen befehlend. Und in das frohe Volk mischten sich dann die Erleichterten, um an diesem Tage, wenn auch nicht gewollt, sich erst recht jener harmlosen Sünden zu unterziehen, deren Verzeihung ihnen eben geworden, denn es war der größte Tag des Jahres für das Städtchen: das Fest des heiligen Cyriacus, oder, wie bis zur heutigen Stunde genannt: der Cyriaux-Markt.
Mit Freude denk ich oft zurück an den Tag, an welchem wir uns zuerst fanden, als ich Dir mit einer ehrfurchtsvollen Verlegenheit entgegentrat wie ein lehrbegieriger Laie dem Hohenpriester. Ich hatte es mir vorgesetzt, Dir womöglich zu gefallen, und das Bewußtsein meines eigenen Wertes wäre mir in seinen Grundfesten erschüttert worden, hättest Du Dich gleichgültig von mir abgewendet; wie es mir aber gelang, Dich mit solchem Maße für mich zu gewinnen, begreife ich noch nicht; mein eigner Geist muß bei jener Unterredung zwiefach über mir gewesen sein. Mit ihr ist mir ein neues Leben aufgegangen, denn erst in Dir habe ich jene wahrhafte Erhebung zu den höchsten Anschauungen, in welchen alles Weltliche als ein wesenloser Traum verschwindet, als einen herrschenden Zustand gefunden. In Dir haben mir die höchsten Ideen auch eine irdische Realität erlangt. Wir andern Sterblichen müssen erst fasten und uns leiblich und geistig zubereiten, wenn wir zum Mahle des Herrn gehen wollen, Du empfängst den Gott täglich ohne diese Anstalten.
Ein dichter Herbstnebel verhüllte noch in der Frühe die weiten Räume des fürstlichen Schloßhofes, als man schon mehr oder weniger durch den sich lichtenden Schleier die ganze Jägerei zu Pferde und zu Fuß durcheinander bewegt sah. Die eiligen Beschäftigungen der Nächsten ließen sich erkennen: man verlängerte, man verkürzte die Steigbügel, man reichte sich Büchse und Patrontäschchen, man schob die Dachsranzen zurecht, indes die Hunde ungeduldig am Riemen den Zurückhaltenden mit fortzuschleppen drohten. Auch hie und da gebärdete ein Pferd sich mutiger, von feuriger Natur getrieben oder von dem Sporn des Reiters angeregt, der selbst hier in der Halbhelle eine gewisse Eitelkeit, sich zu zeigen, nicht verleugnen konnte. Alle jedoch warteten auf den Fürsten, der, von seiner jungen Gemahlin Abschied nehmend, allzulange zauderte.Erst vor kurzer Zeit zusammen getraut, empfanden sie schon das Glück übereinstimmender Gemüter; beide waren von tätig lebhaftem Charakter, eines nahm gern an des andern Neigungen und Bestrebungen Anteil. Des Fürsten Vater hatte noch den Zeitpunkt erlebt und genutzt, wo es deutlich wurde, daß alle Staatsglieder in gleicher Betriebsamkeit ihre Tage zubringen, in gleichem Wirken und Schaffen jeder nach seiner Art erst gewinnen und dann genießen sollten.
Grad ausgestreckt in der Ebene und Hof an Hof lag das alte friedliche Dorf, die Häuser mit Stroh gedeckt. Und jedes Haus hatte rückwärts sein Gärtchen und hinter jedem Gärtchen sein Ackerfeld, und durch jedes Feld ging ein Grasweg, ein breiter, nach der heckenumgrenzten Wiese, und hinter sämtlichen Wiesen stand der hohe schattige Wald.Es war ein heiterer Tag zu Anfang des Herbstes, wenn durch die Luft schon die silbernen Mettken schweben. Aus allen Gehöften, wie nachmittags gewöhnlich, kamen die kleinen Hirten und Hirtinnen mit ihren Kühen.Auch Meiers Hinnerk hatte zwei, eine schwarze und eine braune, am Strick, um sie, zunächst den Grasweg beweidend, allmählich der Wiese entgegenzuführen. Zwölf Jahre war er alt, flachshaarig und wohlgenährt. Längst war ihm die verblaßte leinene Hose zu eng und zu kurz geworden. Hinten drauf, einander gegenüber, gleich einer blauen Brille, saßen sogar schon, zu seinem Verdruß, zwei zirkelrunde dunklere Flicken; ein Werk der nehrigen Mutter, die immer behaupten wollte, in alten Hosen sähen Jungens am strammsten und gesundesten aus.
Da erhob sich am Ende der Allee eine goldglänzende Staubwolke, die näher und näher kam, bis aus dem Rahmen eine Gestalt nach der Andern klar und deutlich hervortrat. Dem Ritter vergingen fast die Sinne, als er nun sah, wie eine Schaar von zwanzig Frauen, so schön, wie er noch keine gekannt, ihm auf prächtigen, schneeweißen Rossen entgegenkam. Sie trugen lange, grüne Jagdgewänder, ein grünes Hütchen mit weißer wallender Feder auf den blonden oder braunen Locken und ein silbernes Hüfthorn an der Seite. Als sie den Ritter gewahrten, blickte die eine schelmisch, die andere stolz, die Dritte schlug die Augen nieder aber sie hätten sich alle diese Mühe ersparen können, denn er hatte nur Augen für die Eine, die an der Spitze des Zuges ritt, und die Uebrigen, wie unmöglich dies auch fast erschien, doch noch weit an Schönheit übertraf. Sie war frisch und blühend, wie das Land, dem sie entstammte, und recht eigentlich das Urbild seiner starken kräftigen Frauen. Wie der sonnendurchglühte Apfel am Baume, so blühte die Wange, welche die nußbraune Locke umflog und dem Meerschaume, mochte das glänzende Weiß der Stirne entwendet sein, unter der die braunen Augen hell aufblitzten.Der Herr von Argouges war ehrerbietig zur Seite geritten, den königlichen Zug vorüberzulassen, und sein Blick hing unverwandt an dessen Führerin.Da, als sie dicht vor ihm war, zog sie den goldnen Zügel ihres Rosses scharf zurück, daß es hoch aufbäumte und sagte mit einer Stimme, die voll und lieblich klang, wie der Ton einer silbernen Glocke: »Mein Herr Ritter, wollt Ihr mir erlauben, mit meinem Gefolge in Eurem Forste zu jagen, und wollt Ihr uns dahin begleiten?«
DIE FRAW tritt einn und spricht. Mein man hab ich gehabt vier jar, Der mir von erst viel lieber war. Dieselb mein lieb ist gar erloschen Und hat im hertzen mir außdroschen. West geren, wes die schulde wer. Dort geht mein alte gfatter her. Die ist sehr alt und weiß gar viel. Dieselbigen ich fragen wil, Was meiner ungunst ursach sey, Das ich werd der anfechtung frey. DIE ALT GEFATTERIN spricht. Was redst so heimlich wider dich? DIE FRAW spricht. Mein liebe gfatter, es kümmert mich Mich dunckt, mein mann halt nit sein eh, Sonder mit andern frawn umbgeh. Des bitt ich von euch einen rath. Gfatter, das ist ein schwere that. DIE FRAW spricht. Da rath zu, wie ich das erfar! DIE GEFATTER spricht. Ich weiß nicht, mir felt ein fürwar, Wie man vor jaren gwonheit het, Wenn man ein mensch was zeyhen thet, Wenn es sein unschuld wolt beweysen, So must es tragn ein glüend eyssen Auff bloser hand auß einem kreiß, Dein unschulding war es nicht heiß Und in auff blosser hand nit prent, Darbey sein unschuld würd erkent. Darum hab fleiß und richt auch an, Das diß heiß eyssen trag dein man! Schaw, das du in könst uberreden!
Um zu begreifen, wie sie damals war, mußt du dich erst an eine Stelle rufen, wo Säulen in dir wirken; wo du Stufen nachfühlen kannst; wo Bogen voll Gefahr den Abgrund eines Raumes überbrücken, der in dir blieb, weil er aus solchen Stücken getürmt war, daß du sie nicht mehr aus dir ausheben kannst: du rissest dich denn ein. Bist du so weit, ist alles in dir Stein, Wand, Aufgang, Durchblick, Wölbung ¿, so probier den großen Vorhang, den du vor dir hast, ein wenig wegzuzerrn mit beiden Händen: da glänzt es von ganz hohen Gegenständen und übertrifft dir Atem und Getast. Hinauf, hinab, Palast steht auf Palast, Geländer strömen breiter aus Geländern und tauchen oben auf an solchen Rändern, daß dich, wie du sie siehst, der Schwindel faßt. Dabei macht ein Gewölk aus Räucherständern die Nähe trüb; aber das Fernste zielt in dich hinein mit seinen graden Strahlen ¿, und wenn jetzt Schein aus klaren Flammenschalen auf langsam nahenden Gewändern spielt: wie hältst du's aus?Sie aber kam und hob den Blick, um dieses alles anzuschauen. (Ein Kind, ein kleines Mädchen zwischen Frauen.) Dann stieg sie ruhig, voller Selbstvertrauen, dem Aufwand zu, der sich verwöhnt verschob: So sehr war alles, was die Menschen bauen, schon überwogen von dem Lob
Die Schönheiten eines Trauerspiels, die es mehr durch Gewohnheiten und Sitten einer Nation, als durch die einfältige Natur sind, haben sich oft dadurch der Gefahr ausgesetzt, weniger zu gefallen. Und nicht selten sind sie der Gefahr unterlegen, wenn diese Gewohnheiten und Sitten ein zu fremder Zusatz zu der schönen Natur waren. Denn, wenn wir uns in diesem Falle auch mit noch so vieler Bemühung in die Zeiten und Umstände versetzen, worauf sich ein Trauerspiel vorzüglich bezieht: so bleibt uns doch allezeit aufs Wenigste eine gewisse zarte Widersetzlichkeit der Empfindung übrig, die den großen Mann, für den uns die Geschichte und der Dichter einnehmen wollen, lieber in andern, als in solchen Umständen, die der Natur so oft ein falsches Colorit geben, handeln sehn möchte. Diese Anmerkung ist eine von den Ursachen gewesen, warum ich unsern Stammvater zu der Hauptperson eines Trauerspiels gemacht habe. Vielen Lesern wird hier gleich einfallen: daß man kein Trauerspiel aus der Offenbarung nehmen müsse. Wenn Das so viel heißen soll, daß die großen Männer, die uns die Bibel aufbehalten hat, nicht so würdig sind vor uns zu erscheinen, als die großen Männer des Heidenthums: so sehe ich nicht ein, warum ich Salomo nicht so hoch als Titus schätzen solle. Sobald man aber dadurch sagen will, daß diejenigen großen Männer der Offenbarung, die nicht anders, als von den tiefsten Geheimnissen der Religion begleitet, aufgeführt werden könnten, selbst für das ernsthafte Trauerspiel zu ernsthaft sind: so bin ich so sehr von dieser Meinung, daß ich wünschte, daß in dem Polieuct einige Stellen nicht wären. Man kann die Religion in zween Hauptgesichtspunkten ansehen. Es führt uns ein Vorhof zu dem Heiligthume. Was in dem Vorhofe geschieht, hat, wenn ich das Wort wagen darf, noch eine gewisse Miene von Weltlichkeit. Es hat aber zugleich so viel wirklich Erhabenes, so viel schöne und große Natur, daß es mir sonderbar vorkömmt, daß wir nur eine Athalie haben.
Jüngst saß Germanien am hohen Donaustrand' In königlichem Pomp'; ein purpurnes Gewand, Nicht mehr, wie sonst, das Kleid von wilder Thiere Fellen, Floß an dem Ufer hin, und röthete die Wellen. Um ihre Stirn bog sich ein frischer Lorbeerkranz; Die Wange glühte sanft, und ihrer Augen Glanz [4] Schien ungewohnt belebt; aus allen ihren Zügen Brach ein glückseelger Tag vom reinesten Vergnügen. Der Musen holdes Chor, mit jedem Reitz geziert, Drang sich um sie herum, von Gratien geführt; Indem um sie schon her die Wissenschaften standen, Die mit den Musen nun freundschaftlich sich verbanden. Germanien sah sie, und nahm die Götterschaar Um ihren Thron herum nicht ohn' Entzücken wahr; Und voll von einem Glück, das ihr bisher gefehlet, Sprach sie, so wie vertraut die Muse mir erzehlet: »Freundinnen, wie entzückt mich meines Reiches Flor!
Viel, sehr viel, und oft von ausgezeichneten Männern, ist über die Unabhängigkeitskämpfe der Schweiz geschrieben. Schiller hat gewissermaßen in seinem »Tell« den Punkt gesetzt. Wer kennt die Dithmarschen? Mit höchstem Mut, mit höchstem Allesdransetzen für ihr kleines Vaterland haben sich diese geschlagen. Wie die Schweizer waren sie von unbändiger Freiheitsliebe beseelt. Vaterlandsliebe ist unser Heiligstes. Wer nicht den Bratspieß und den Grütztopf vom Herde reißt dem eindringenden Feinde entgegen, ist nicht wert, verachtet zu werden. Die Dithmarschen, dem großen Stamme der Friesen gehörend, sind sächsischen Ursprungs. Das ist jetzt unleugbar bewiesen. Es ist ergötzlich zu lesen, wie sehr, bis ins vorige Jahrhundert hinein, die Chronikerzähler und Geschichtschreiber sich abmühten, die Herkunft eines ritterlichen Geschlechtes oder eines Volkes abzuleiten. Vater Noah ist immer der erste. Aber auch von Odin, von Alexander, Hannibal, Cäsar sollen die Dithmarschen abstammen. Sie gehören zu denen, »die sich bald unter denen, so nach der Belagerung der Stadt Clusium die Römische Republik in ein Kapitolium eingeschrenket, finden lassen«; »also daß die Dithmarschen unter den ältesten Völkern gewesen, wie solches aus dem Herodoto, so A. M. 3146 seine Historie angefangen, zu ersehen«. Und was mehr des Unsinns ist.
Mein Vetter Christian hatte wirklich schon mit zwanzig Jahren seine schönen blauen Augen; und doch behaupteten die Mädchen, Hand aufs Herz, daß sie ihnen völlig ungefährlich seien. Das aber kam daher, weil derzeit, was allerdings in solchem Alter selten vorkommt, die Elektrizität derselben noch gebunden war; und die Ursache hiervon lag wiederum darin, daß nach des Vaters frühem Tode der Vetter zwischen zwei so überwiegend energischen Frauennaturen aufgewachsen und nach kurzen und fleißig benutzten Universitätsjahren wieder in ihre Obhut zurückgekehrt war.Die eine derselben, seine Mutter Gott habe sie selig! meine gute Tante Jette, hat auch mich als Knaben einmal unter ihrer rührigen Hand gehabt, als Christian und ich uns von ihren großen Schattenmorellen eine Limonade gegen den heißen Sommerdurst bereitet hatten; der anderen verstand ich kunstvoll aus dem Wege zu gehen. Es war dies »die alte Karoline«, welche in schon betagter Jungfräulichkeit als Kindsmagd bei dem kleinen Christian ihren Dienst im Hause angetreten, sich hier nach unbekannt gebliebenen sonstigen Versuchen noch zweimal, wiewohl ohne den gewöhnlich dabei beabsichtigten Erfolg, verlobt hatte und schließlich, nach des Hausherrn Tode, als Magd für alles in der Familie hängengeblieben war. Die Auflösung jener Verlöbnisse sollte lediglich durch die allzu große Tüchtigkeit der Braut herbeigeführt sein, wovor, trotz des annehmlichen und bekannten Barvermögens derselben, sowohl der letzte als der vorletzte Bräutigam zurückgeschreckt waren, welche aber demnächst bei ihrer Herrin eine desto dauerhaftere und erhebendere Anerkennung gefunden hatte.
Nicht schlaue Füchse, wilde Stiere, Nicht Menschen allzugleiche Thiere, Nicht Mährchen, wie Aesop erfand, Sind meines Dichtens Gegenstand; Die Karten will ich jetzt beleben, Und ihnen Witz und Denken geben. Ihr Spötter, eh' ihr den verlacht, Der todte Karten redend macht, So lernt, wie das, was ich erfinde, Sich auf Natur und Wahrheit gründe. Was macht, daß Chloris sinnt und schließt, Und daß Silvander artig ist? Die Karten müssen sie beleben, Und ihnen Witz und Denken geben: Wenn sie nun Andern das verleihn, So kann es wohl ihr eigen seyn.
Vater. Wachse, wachse, blühender Baum Mit der goldnen Früchtekrone, Den wir aus der fremden Zone, Pflanzen in dem heimischen Raum! Fülle süßer Früchte beuge Deine immer grünen Zweige! Alle Landleute. Wachse, wachse, blühender Baum Strebend in den Himmelraum! Jüngling. Mit der duft'gen Blüthe paare Prangend sich die goldne Frucht! Stehe in dem Sturm der Jahre, Daure in der Zeiten Flucht! Alle. Stehe in dem Sturm der Jahre, Daure in der Zeiten Flucht! Mutter. Nimm ihn auf, o heil'ge Erde, Nimm den zarten Fremdlich ein! Führer der gefleckten Heerde, Hoher Flurgott, pflege sein! Mädchen. Pflegt ihn, zärtliche Dryaden! Schütz' ihn, schütz' ihn, Vater Pan! Und ihr freien Oreaden, Daß ihm keine Wetter schaden, Fesselt alle Stürme an! Alle. Pflegt ihn, zärtliche Dryaden! Schütz' ihn, schütz' ihn, Vater Pan! Jüngling. Lächle dir der warme Aether Ewig klar und ewig blau! Sonne, gib ihm deine Strahlen, Erde, gib ihm deinen Thau! Alle. Sonne, gib ihm deine Strahlen, Erde, gib ihm deinen Thau!
So mild die Landschaft und so kühn! Aus Felsenritzen Ranken blühn; So mild das Wasser stürmt und rauscht, Und drüber Soldanella lauscht! Nichts, was ein wundes Herz so kühlt, Als Bergesluft, die einsam spielt, Wenn Maienmorgens frische Rosen Mit Fichtendunkel flüsternd kosen. Wo überm Wipfelmeer das Riff Im Äther steht, ein flaggend Schiff, Um seinen Mast der Geier schweift, Tief im Gebüsch das Berghuhn läuft; Es stutzt ¿ es kauert sich ¿ es pfeift Und flattert auf; ¿ ein Blättchen streift Die Rolle in des Jünglings Hand, Der schaut versunken über Land, Wie einer, so in Stromes Rauschen Will längst verklungner Stimme lauschen. Er ruht am feuchten Uferrand. ¿ In seinem Auge Einklang liegt Mit dem, was über ihm sich wiegt, Mit Windgestöhn' und linden Zweigen: Was ist ihm fremd, und was sein eigen? ¿ Gedankenvoll dem Boden ein Gräbt Zeichen er mit spitzem Stein Und löst gedankenvoll das Band Am Blatt, wo regelloser Spur Ach! eine Hand, zu teuer nur, Vertraut gestörter Seele Leiden, Die Wahr und Falsch nicht konnte scheiden. Und will er ¿ soll er ¿ dringen ein In ein Geheimnis, das nicht sein? »Es sei! Es sei! die Hand ist Staub, Und ein Vermächtnis ja kein Raub!« Dann ¿ Wasser, Felsen, alles schwand.
Vor unsrer Geburt, in der grünen Südsee platzte die Erde und das Wasser, Tausend Menschen saßen wie Schnecken auf großen Blättern in Hütten und versanken keuchend. Vor Marseille fielen die roten Schiffe um, das Meer schlug vom Mond herab. Die Dampfer schnurrten in den Abgrund, lächerliche Insekten. Als wir geboren wurden, zog Feuer durch die Luft. Die Schwärme des Feuers flogen um die Erde. Wehe, wer nicht sehen wollte! Tausend Menschen, stillhockende Schnecken, waren zu Staub zerplatzt. Die Tage erblichen für die glühenden Abende. Die Nächte schwangen rote Palmblattflammen über Berlin, Die Abende waren gelbe Tiere über der Friedrichstraße. Berlin, aus spitzen Plätzen, grauen Nebenstraßen, quoll das Blau der Vulkane. Die Frauen waren alle allein, die Männer reckten sich auf, Die Schenkel liefen durch Berlin, heiße Haarberge bogen hoch. Die Sonne ging immer unter. Die Abendstrahlen, heiß, quollen aus den Männern. Die Häuser waren kalkig und bleich. Durch dunkle Zimmer wankte die Stadt, die Blinde. Wir wurden geboren, Strahlenlicht kreiste abends über unseren Mündern, Grüne Südsafthügel hingen vom Mond über uns; Wir rissen unsere Augen von unserem Blut auf. Der Himmel flog über alle Straßen der Stadt.
Die Kondottieri, der Räuberhauptmann, das Korsarenschiff, der Wilddieb, die Raubritter, der Strandlauerer, alles das hatte für meine glühende Knabenphantasie einen besonderen Reiz. Und wer weiß, was aus mir geworden wäre, hätte meine Mutter nicht unablässig abgelenkt und mich eingeführt in die Bücher der Geschichte. Die eben genannten ehrenwerten Herren mußten Platz machen, und Leonidas, Alexander, Cäsar, der große Kurfürst, Friedrich der Große, Napoleon, Blücher und wie sie hießen, traten an ihre Stelle. Ungezügelte Freude doch konnte ich nicht verhehlen, wenn ich von Dörnberg las, von Schill und Colomb. Ein Parteigänger zu werden, meinem Vaterlande, wenn es unter tausend Wunden stöhnen würde wie ein gebunden Tier, durch kühne Wagnisse Stützen zu geben, der Wunsch hat mich nie verlassen. Ich wurde natürlich Soldat; und bin es leidenschaftlich bis heute. Besonders hat mir das Zigeunerleben in den Kriegen gefallen. Und ich wüßte auch nicht einen Tag, ja, nicht einen einzigen Tag, wenn wir im Felde standen, daß ich mich zurückgesehnt hätte zu Frieden und Ruhe. Der alte Knabenjubel an den Taten der Kondottieri und Landsknechtsführer war doch nicht ganz in mir verhallt.
Es war im vergangenen Herbst. Wir saßen in der Dämmerung unter den mächtigen Kastanien vor dem Gasthause »Mohren« in Mittelzell auf der Insel Reichenau: der Münchener Student, der Privatdozent aus Basel und ich. Ein seltsam warmer Oktobertag ging zur Neige. Etwas Drückendes, Schweres lag in der Luft, etwas Lauerndes. »Der Föhn kommt zur Nacht«, hatten die Fischer unten am See gesagt. Im Dorf war es ganz still. Ab und zu raschelte ein dürres Blatt durch das Astwerk der Kastanien. ¿ Unsere Unterhaltung war verstummt: Ein jeder hing schweigend seinen Gedanken nach. Eine sonderbare Beklemmung lag auf uns, das Gefühl einer unerklärlichen Angst. Seltsam ¿ wie gleichzeitig diese merkwürdige, drückende Stimmung von uns drei Besitz genommen hatte.
Die Bevölkerung der Ortschaft, woselbst ich so manchen Sommer und Winter zugebracht, wurde eines Tages durch ein außerordentliches Ereignis in die größte Aufregung versetzt. Ein dort ansässiger Schuhmacher hatte sein junges Weib aus ¿ wie es hieß ¿ grundloser Eifersucht ermordet und sich dann, nachdem er eine Zeitlang in den nahen Wäldern umhergeirrt, dem Gerichte gestellt. Wie begreiflich, wurde für das entseelte Opfer allgemein Partei ergriffen. Namentlich die Frauen konnten kein Ende finden, den entmenschten Wüterich zu verdammen, den sie schon jetzt am Galgen baumeln sahen. Sie priesen laut die häuslichen Tugenden, durch die sich die Tote im Leben ausgezeichnet, und schwuren hoch und teuer, daß sie, wenn auch ein wenig gefallsüchtig, doch das treueste Weib gewesen, das jemals auf Erden gewandelt. Aber auch die Männer, die in dieser Hinsicht nur wenig Korpsgeist besitzen, zogen über den Übeltäter los. Sie nannten ihn einen elenden Säufer und hirnverbrannten Narren, seit jeher unwert des schönen Weibes, das er, der ruppige, pechgeschwärzte Kerl, besessen. Und schön war sie, die Schustersfrau, das konnte ich selbst bezeugen. Zwar ihr Gesicht verdiente diese Bezeichnung nicht eigentlich. Denn es war breit, stumpfnasig und überdies stark mit Sommersprossen behaftet. Aber lebhafte schwarze Augen, leicht gekraustes rotbraunes Haar und ein eigentümlich lachender Zug um den frischen Mund verliehen diesem Gesicht um so mehr Reiz, als auch die ganze Gestalt in ihrer biegsamen Schlankheit höchst anziehend war.
Die Europäer merkten es zuerst daran, daß die roten chinesischen Totenlampen in einer Nacht viel zahlreicher als sonst vor den kleinen Schuppen brannten, die die Himmelsstraße umrahmten, die wie eine breite weiße helle Straße durch das Gewirr zahlloser dunkler Gassen der Eingeborenenstadt Charbin hindurchlief. Einem russischen Oberst passierte es, daß der Kutscher seiner Troika plötzlich im Fahren hintenüberfiel, in den Schlitten hinein, gerade auf den dicken Bauch des Obersten. Und als der Oberst seine Knute nehmen wollte, um den betrunkenen Kutscher zur Vernunft zu bringen, sah er in ein paar glasige Augen, die der Schrecken des Todes weit aufgerissen hatte. Und ein schrecklicher Atem des Todes quoll ihm aus dem weit offenstehenden Munde entgegen. Der Kutscher röchelte noch einige mal schwer im Stroh des Schlittens, dann richtete er sich mit einer letzten Anstrengung halb auf, schluckte ein paarmal, und dann spie er auf den grauen Pelz des Obersten eine schwarze, dicke Blutwolke, einen großen, breiten giftigen Brodem, seine ganze Lunge entleerte sich in dieser schwarzen Masse. Und er fiel in das blutige Stroh des Schlittens zurück.
Psalm 107.Stehe auff Psalterspil vnd Harpffen/ ich will auffstehen deß Morgens frühe: ich will dir dancken (O gnadenreiche Jungfraw) vnder den Völckern/ ich will dir Lobsingen vnder den Leuten.S. Bernard. in der 4. Lobred von der Himmelfahrt Mariæ.Es ist zwar nichts/ daß mich also erlustiget/ dann von der Herzligkeit Mariæ der Jungfrawen zureden. Hergegen ist auch nichts/ daß mich also erschreckt. Dann welche Zung/ welche Englische Stim wirdt allerdings wärcklich loben die Jungfräwliche Mutter; die Mutter nit eines jedwederen/ sonder Gottes Wiewol aber vnser vnfruchtbares Hertz nichts würdigs von jhr gedencken; vnser vnwürdiger Mund nichts so herzlichs außsprechen kan: will sich doch keines wegs gebüren/daß vnser Andacht gegen jhr solle gar stillschweigen.
Um Mitternacht wohl fang ich an, Spring aus dem Bette wie ein Toller; Nie war mein Busen seelevoller, Zu singen den gereisten Mann, Der Wunder ohne Zahl gesehn, Die trutz der Lästrer Kinderspotte In unserm unbegriffnen Gotte Per omnia tempora in einem Punkt geschehn. Und hab ich gleich die Gabe nicht Von wohlgeschliffnen, leichten Reimen, So darf ich doch mich nicht versäumen, Denn es ist Drang, und so ist's Pflicht. Und wie ich dich, geliebter Leser, kenne, Den ich von Herzen Bruder nenne, Willst gern vom Fleck und bist so faul, Nimmst wohl auch einen Ludergaul, Und ich, mir fehlt zu Nacht der Kiel, Ergreif wohl einen Besenstiel. Drum hör es denn, wenn dir's beliebt, So kauderwelsch, wie mir der Geist es gibt.
»Wenn du es hören willst«, sagte mein Freund und streifte mit dem kleinen Finger die Asche von seiner Zigarre. »Aber die Heldin meiner Geschichte ist nicht gar zu anziehend; auch ist es eigentlich keine Geschichte, sondern nur etwa der Schluß einer solchen.«»Danke es«, versetzte ich, »unserer heurigen Novellistik, daß mir das letzte jedenfalls besonders angenehm erscheint.«»So? Nun also!Es sind jetzt dreißig Jahre, daß ich als Stadtsekretär in diese treffliche See- und Handelsstadt kam, in welcher die Groß- und Urgroßväter meiner Mutter einst als einflußreiche Handelsherren gelebt hatten. Das derzeit von mir gemietete Wohnhaus stand zwischen zwei sehr ungleichen Nachbarn: an der Südseite ein sauber gehaltenes Haus voll lustiger Kinderstimmen, mit hellpolierten Scheiben und blühenden Blumen dahinter; nach Norden ein hohes düsteres Gebäude; zwar auch mit großen Fenstern, aber die Scheiben derselben waren klein, zum Teil erblindet und nichts dahinter sichtbar, als hie und da ein graues Spinngewebe. Der einstige Ölanstrich an der Mauer und der mächtigen Haustür war gänzlich abgeblättert, die Klinke und der Messingklopfer mit dem Löwenkopf von Grünspan überzogen. Das Haus stand am hellen Tage und mitten in der belebten Straße wie in Todesschweigen; nur nachts, sagten die Leute, wenn es anderswo still geworden, dann werde es drinnen unruhig.
Im Schatten dieses Eichenhayns, Hier wars, von hoher Flamme warm, Wo ich, Halvard, in deinem Arm Den großen Todesbund beschwur. Still war die Luft, in Majestät Lag die Natur zu Vidris Füßen; Die stolzesten der Wipfel rauschten, Und leise Bäche murmelten. Unsichtbar wandelten um uns Zween Alfen, von Odin gesandt. Wo über buntbeblühmte Rasen Der See vom Hauch der Luft bewegt, Crystallne Wellen von sich jägt, Sahn wir, mit süßem Duft beladen, Die Göttinn Blakullur sich baden. Vom Hügel braust im Bogenschuß Ein breiter Quell, schwillt auf zum breitern Fluß, Springt donnernd über jähe Spitzen, Und diamantne Tropfen blitzen, Im Lichtstrahl und im Silberschein Erzitternd, durch das Laub im Hayn: Indeß die Wellen schmeichlerisch sich regen, Ihr Bild in die glanzvolle Luft zu prägen. Die Göttinn sah ihr himmlisch Bild, Wie es die Wasser-Scene füllt; Bescheiden schlüpfte sie zur Tiefe nieder: Allein das Ebenmaaß der weißen Glieder Strahlt durch die heitre Fläche wieder. Es scherzt um ihren Hals ihr blondes Haar, Verbirgt ihn halb, stellt halb entblößt ihn dar. Die seidnen Locken spielen mit den Lüften, Und thauen dann herab auf Marmor-Hüften.
Tilmeld dig nyhedsbrevet og få gode tilbud og inspiration til din næste læsning.
Ved tilmelding accepterer du vores persondatapolitik.