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"e;Auch der Herr legt die Hand an den Stamm und schaut zur Krone hinauf. Und wie sie so dastehen, den Baum zwischen sich, ihn betrachtend und an ihn gelehnt, liegt in Blick und Haltung der beiden etwas Verbindendes, von Mensch zu Mensch ein Verstehen. Nicht wie von gleich zu gleich. Herr und Knecht, dabei bleibt es. Aber sie wissen beide, und eben darin verstehen sie sich, da vor Gott alle Menschen gleich sind. Sie sind es auch vor diesem Baume."e; Begleitet wird der Majoratsherr bei seiner Fahrt durch den Wald von seinem Enkel, dem funfjahrigen Alexander. Als nun der Schneesturm an Kraft gewinnt, geschieht es, dass der ubermutige kleine Junge, dem das Versteckspielen im Schneegestober Spa macht, sich verirrt und im Sturm verloren geht. Die Suche nach ihm bleibt erfolglos. Wie soll er nur eine ganze Nacht alleine dort drauen im Toben der Elemente uberleben? Doch Alexander ist nicht vollig allein: Der groe Baum und die fuhrende Hand seiner alten Kinderfrau Mining scheinen den kleinen Jungherrn zu beschutzen. Nur, dass sich Mining wahrenddessen noch zu einer Beerdigung auf einem Nachbargut befindet ... Das Schneesturmdrama um das im nachtlichen Wald sich verlaufende Kind wird unter Hoerners plastisch gestaltender Hand zum Monumentalgemalde eines gewaltigen Naturereignisses, in dem zugleich eine tiefe menschliche Wahrheit aufscheint.-
"In jeder Kugel steckt der Geist der Kugel. Er ist ihr Dämon. Er kann sich nicht damit zufrieden geben, daß die Kugel irgendwo ruht. Keine Kugel will ruhen. Sie will, daß wir sie in Bewegung setzten, sie rollen, laufen, springen, fliegen, sich drehen lassen." Oder eben, dass wir sie abschießen. Dass besagte Kugel hier ein scheinbar harmloses, aus Brot gerolltes Kügelchen ist, tut nichts zur Sache. Denn der junge Korpsstudent Michel, durch reichlich Wein, Gesang und Zecherei mit seinen beiden Kollegen in jenem Gasthaus zu Riga leichtsinnig geworden, hat diese Brotkugel soeben abgeschossen: Auf den geheimnisvollen schweigsamen Mann am anderen Ende des Tisches, über den sich die Studenten schon des Längeren lustig gemacht haben und den sie, weil er irgendwie wie eine Mischung aus Birkhuhn und Auerhahn aussieht, den "Rackelhahn" getauft haben. Die Kugel trifft den Mann an der Schulter. Er hebt die Brotkugel auf, steckt sie ein und setzt sein Mahl fort. Das Ganze wiederholt sich, während die fröhliche Zecherei weitergeht, noch zweimal. Beim dritten Mal trifft die Brotkugel den "Rackelhahn" in die Brust. Nun steht der Mann auf und verschwindet, lässt dem jungen Michel aber noch seine Visitenkarte sowie eine Botschaft überbringen: "Drei Brotkugeln – drei Bleikugeln, das gibt eine einfache Rechnung. Ich bin an drei Stellen meines Leibes getroffen worden. Zuerst an der linken Schulter, dann an der rechten, und das dritte Mal war es Herzschuß. Genau so werden auch meine Kugeln sitzen: linke Schulter, rechte Schulter, Herz." Ein Duell also. Michel muss nun all seinen Mut beweisen. Aber es wird ein ganz besonderes Duell, das nicht so einfach erledigt ist. Schließlich Läuten bei Michel gar die Hochzeitsglocken, ehe auch die letzte Kugel ihr Ziel findet … Aus kleinen Ursachen können große, für ein Menschenleben entscheidende Wirkungen entstehen und ein scheinbar bedeutungsloser Vorgang kann das wunderliche Wirken eines höheren Schicksals begreifbar werden lassen – eine überaus spannende Meistererzählung, des großen, zu Unrecht lange vergessenen deutschbaltischen Autors Herbert von Hoerner!Herbert von Hoerner (1884–1946) war ein deutschbaltischer Schriftsteller und Maler. Herbert Otto Christian Carl von Hoerner wurde 1884 auf Gut Ihlen in Kurland geboren. Er erhielt Privatunterricht und besuchte das russische Gymnasium in Mitau. Nach Beendigung seines Militärdienst in der russischen Armee beim Dragonerregiment in Mitau begann er 1905 an der Kunstakademie in München Architektur zu studieren. 1906 wechselte er zur Staatlichen Kunstschule in Breslau, wo er 1908 das Zeichenlehrerexamen bestand. Danach arbeitete Hoerner als Zeichenlehrer in Mitau. Im Ersten Weltkrieg wurde er als russischer Reserveoffizier in Küstrin und Celle interniert und erst 1916 entlassen. In dieser Zeit war er bereits in Sammelbänden mit Gedichten und kleineren Prosatexten vertreten. Während der deutschen Besetzung des Baltikums kehrte Hoerner mit seiner Frau nach Gut Ihlen zurück. 1919–1920 nahm er als Offizier der 3. Kompanie der Baltischen Landeswehr am Lettischen Unabhängigkeitskrieg teil. Seine Kriegserlebnisse stellte er 1922 in seinem ersten Einzelband "Villa Gudrun" dar. Nach der Auflösung der Baltischen Landeswehr verbrachte er sieben Wanderjahre als Übersetzer, Porträtmaler, Dichter und Schriftsteller in Deutschland. 1928 fand Hoerner schließlich eine neue Heimat in Görlitz, wo er als Zeichenlehrer am Gymnasium Augustum angestellt wurde und auch Mathematik und Deutsch unterrichtete. Neben der Schultätigkeit betätigte er sich zunehmend schriftstellerisch. In den 1930er Jahren erschienen eine Reihe von ihm verfasster Novellen und Erzählungen. Hoerner war ein vorzüglicher Anekdotenerzähler mit hintergründigem Humor, in dem jedoch auch eine gewisse Trauer und Schwermut mitschwingt. Er wählte heimatverbundene, traditionelle Sujets, einfache, aber symbolhafte Motive und war Meister einer atmosphärischen Landschafts- und Menschenzeichnung. Das ermöglichte es den Nationalsozialisten, Hoerner, der wesentlich unpolitisch war, zu einem der ihren zu erklären. Für seinen in zahlreiche Sprachen übersetzten Bauernroman "Der graue Reiter" erhielt er 1940 den Literaturpreis der Stadt Berlin. Im Zweiten Weltkrieg meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht und wurde bei Stalingrad und in der Ukraine als Dolmetscher im Rang eines Sonderführers eingesetzt. In den letzten Kriegsmonaten stand er dem Görlitzer Festungskommandanten Oberst Neise als Sonderführer zur Verfügung. Am 18. Juni 1946 wurde Herbert von Hoerner vom sowjetischen Geheimdienst MGB verhaftet, und am 30. August 1946 verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal nach Artikel 58/2 (bewaffneter Aufstand, Eindringen in die UdSSR) zum Tode durch Erschießen. Das Urteil wurde am 26. September 1946 vollstreckt. Im Oktober 2002 wurde Herbert von Hoerner von der russischen Militärhauptstaatsanwaltschaft rehabilitiert. Seine literarischen Werke, die bis in die 1970er Jahre immer wieder neu aufgelegt wurden, werden gegenwärtig wiederentdeckt.
"Auch der Herr legt die Hand an den Stamm und schaut zur Krone hinauf. Und wie sie so dastehen, den Baum zwischen sich, ihn betrachtend und an ihn gelehnt, liegt in Blick und Haltung der beiden etwas Verbindendes, von Mensch zu Mensch ein Verstehen. Nicht wie von gleich zu gleich. Herr und Knecht, dabei bleibt es. Aber sie wissen beide, und eben darin verstehen sie sich, daß vor Gott alle Menschen gleich sind. Sie sind es auch vor diesem Baume." Begleitet wird der Majoratsherr bei seiner Fahrt durch den Wald von seinem Enkel, dem fünfjährigen Alexander. Als nun der Schneesturm an Kraft gewinnt, geschieht es, dass der übermütige kleine Junge, dem das Versteckspielen im Schneegestöber Spaß macht, sich verirrt und im Sturm verloren geht. Die Suche nach ihm bleibt erfolglos. Wie soll er nur eine ganze Nacht alleine dort draußen im Toben der Elemente überleben? Doch Alexander ist nicht völlig allein: Der große Baum und die führende Hand seiner alten Kinderfrau Mining scheinen den kleinen Jungherrn zu beschützen. Nur, dass sich Mining währenddessen noch zu einer Beerdigung auf einem Nachbargut befindet … Das Schneesturmdrama um das im nächtlichen Wald sich verlaufende Kind wird unter Hoerners plastisch gestaltender Hand zum Monumentalgemälde eines gewaltigen Naturereignisses, in dem zugleich eine tiefe menschliche Wahrheit aufscheint.
Zar Nikolaus I. unternimmt in einer stürmischen, verschneiten Winternacht wieder eine seiner überraschenden Schlittenreisen, diesmal nach Berlin. Unangemeldet ist er der kaiserliche Schrecken der Posthaltereien, in denen er das müde gerittene Gespann auswechseln lässt. Einen angetrunkenen Posthalter überfällt der Besuch des Zaren wie ein Unglück, denn er hat alle Pferde einem Händler ausgeliehen, um sich so einen Nebenverdienst dazuzuverdienen. Beim Baron Wok auf dem baltischen Gut Wieckeln fragt er nach, ob der Baron wohl mit dem eigenen Gespann aushelfen könne. Doch der zögert – diese rassig wilden Tiere könne nur sein Kutscher Krisch fahren, und der befindet sich mit der Frau Baronin noch in der Stadt. Wirklich nur sein Kutscher? Als die sechzehnjährige Baronesse Eva vom Anliegen des Zaren hört, beschließt sie, sich über alle väterlichen Anweisungen hinwegzusetzen. Unkenntlich vermummt verlässt sie das Haus mit den berühmten Apfelschimmeln, dem sogenannten „Viergestirn", und wird so, von allen für einen Mann und den regulären Kutscher Krisch gehalten, für einige hinreißend geschilderte Stunden zur Kutscherin des Zaren. Heiter, spannend und voll tiefer Menschlichkeit und Weisheit erzählt, ist Herbert von Hoerner mit dieser graziös und elegant geschriebenen Erzählung ein kleines Meisterwerk gelungen.
„So ist ja der Mensch, daß er sich gerne an seine Kindheit erinnern läßt. Was nachher kommt, nun ja, wir wissen es alle, daß die Erde kein Paradies ist. Und möchten alle dahin zurück. So erkläre ich es mir, daß Semion sich nicht begnügen wollte mit Wasser oder Tee, sondern Brauselimonade haben wollte, und nicht die rote, sondern die grüne." Ein russisches Etappenlazarett im Ersten Weltkrieg: Der mehrfache Mörder Semion liegt auf den Tod. Die Ärzte sollen ihn möglichst noch ein wenig aufpäppeln, damit er erhängt werden kann. Zuvor soll er noch eine Aussage machen. Bis dahin darf er auf keinen Fall etwas trinken, denn er hat ein Loch in der Speiseröhre, und Trinken würde seinen Tod nur beschleunigen. Doch seit er erwacht ist, brüllt er nur herum, dass er Durst hat und etwas zu trinken braucht. Schließlich setzt sich Schwester Barbara, „die Lichte" – der Engel seines Todes –, über alle Anweisungen von oben hinweg und besorgt ihm auf eigene Kosten grüne Brauselimonade. Und hinter dem Verbrecher wird plötzlich der Mensch sichtbar … Eine Meisternovelle, mit dem Atem und der Dichte einer großen Begabung erzählt, die es wahrlich lohnt, wiederentdeckt zu werden.
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