Bag om Die Götter würfeln nicht
Haben uns die alten Mythen noch etwas zu sagen? Was könnten uns die Gestalten aus dem Trojanischen Krieg heute an Erfahrungen vermitteln? Der Autor wollte es wissen. Er hat sich auf den Weg begeben, mit ihnen zu sprechen. Sie haben ihm Rede und Antwort gestanden. Prominente Gesprächspartner konnte er gewinnen, wie Kassandra, Penthesilea oder Odysseus. Seien Sie gespannt auf den Antworten und tauchen Sie ein in die magische Welt der griechischen Mythologie. Dieses Buch "Die Götter würfeln nicht" entführt Sie in fiktive Dialoge mit Gestalten und Kreaturen die ihre Geschichten und ihr Leben mit Ihnen zu teilen bereit sind.
Auszug: "Kassandra"
"Stattdessen wandte sich des Königs Zorn gegen dich. Als hätten deine Vorhersagen all das, was folgte, ausgelöst. Der Botin galt sein Zorn, nicht dem Verursacher. Dir, der Unerhörten, warf er vor, was er seinem Sohn nicht vorwerfen wollte. Zu groß wäre die eigene Bloßstellung gewesen. Ein König war er, wo er hätte Mensch sein müssen, um seiner Selbsttäuschung willen. Und ein Vater war er, wo er hätte ein König sein müssen, um Trojas willen.
Von dir forderte er nun Priesterin zu sein. Dem Apoll solltest du den Sieg über die Griechen abringen. Ihn, den du so tief gekränkt hattest, solltest du anbeten, anflehen für einen Sieg. Du konntest es nicht. Wie denn auch? Und hast den Vater enttäuschen müssen. Du konntest ihm nur die Wahrheit sagen. Die Wahrheit, von der er nichts wissen wollte und für die er dich schmähte.
So blieb euch nur dein Bruder Hektor als Hoffnung, bis Achill diese Hoffnung verspottete und zuschanden machte. Aber was hätte den Troern die Stärke des Hektor gegen die List des Odysseus nützen können? Hielt doch die weise Athene ihre schützende Hand über den Ithaker, während Troja von allen Göttern verlassen schien.
Wie hattest du gefleht, Kassandra. Hast geweint, gebettelt. Du hast sie angeschrien. Dich voller Verzweiflung auf dem Boden gewälzt. Hütet euch vor den Geschenken der Griechen, hattest du wieder und wieder gerufen, deren Preis ist das Verderben. Aber sie glaubten dir nicht. Du warst ein Weib, das von Sinnen schien. Deine Visionen deuteten sie wie immer als Wahn. Hatten die Götter doch, so glaubten sie, ihnen einen leichten Sieg geschenkt. Sie wollten ihrem Wunsch mehr glauben nach den Jahren, als deiner Gewissheit. Betrunken vom Wein und vom vermeintlich guten Ende öffneten Sie dem Tod die bisher unüberwindlichen Tore und empfingen ihn mit offenen Armen.
Arme Kassandra, wie schwer muss dein Schicksal gewogen haben in jener Nacht. Du hattest es gewusst. Du hattest es kommen sehen und konntest sie nicht warnen. Unerhört blieb dein Rufen, dein Flehen. Das Geschrei der Trunkenen übertönte deine Warnung, bis es im Geschrei der Sterbenden unterging.¿
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